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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0041
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Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen

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germanische Herkunft der Treverer beweisen will1, und daß andere
Beurteiler, denen „der Götterhimmel der Treverer im wesentlichen
keltischen Ursprungs scheint“2, demgemäß mit einem sehr einheit-
lich keltischen Charakter der nichtrömischen Bevölkerung rechnen,
dann steht man nicht nur vor einer Vielheit der Ansichten, sondern
auch vor einer sehr verschiedenartigen Bewertung der einzelnen
Arten von Quellen. Denn diese letzteren spiegeln ganz verschie-
dene Zustände der bevölkerungsgeschichtlichen Entwicklung wider,
und werden doch von jedem Bearbeiter im Sinne unbeschränkter
Gültigkeit benutzt. Nicht nur daß die Auswahl der besonderen
Belege gerne von der These her bestimmt wird; Koethe läßt uns
mit seinen Illyro-Belgen nnd ihren Beziehungen zur Iberischen Halb-
insel noch im besonderen erkennen, zu welchen luftigen Höhen man
hier getragen werden kann, wenn die solide archäologische Ver-
ankerung fehlt. Insgesamt zeigt sich hier aber nicht nur ein Ver-
sagen gegenüber den Schwierigkeiten der Methode, sondern auch
eine bedenkliche Neigung zur Autarkie, d. h. zur Beantwortung
eines der großen frühgeschichtlichen Probleme der heutigen Rhein-
provinz lediglich aus den Verhältnissen eben dieses im Grunde doch
kleinen Gebietes heraus.
Der Erscheinung der Urnenfelder im westlichemTeil des küsten-
fernen Mitteleuropa wird heute vielerorts eine sehr große Bedeu-
tung zuerkannt. War man noch vor wenigen Jahren recht zurück-
haltend, wenn es sie zu deuten”galt, so ist heute nicht nur die Vor-
stellung fast allgemein anerkannt, daß sie auf die Ausbreitung eines
Volkes zurückgeht, sondern man weiß auch nicht minder bestimmt,
daß Illyrer die Träger dieser Bewegung gewesen sind. Ob es nun
freilich richtig ist, hinter jedem bescheidenen Anklang an das
Formengut der Urnenfelderstufe sofort auch illyrisches Volkstum
zu vermuten, oder ob es nicht besser ist, einen Bereich ethnischer
Überfremdung von einem mehr peripher gelegenen der Beeinflus-
sung lediglich der Kultur zu trennen, sei hier dahingestellt. Es
genügt, daß überall Illyrer gewittert werden, obwohl die Deutung
der Urnenfelderbewegung für die verschiedenen Räume noch keines-
wegs gesichert ist. Wie man in der Rheinprovinz diesem Volk die
1 Die Erforschung des Tempelbezirkes im Altbachtale zu Trier, 1928, 41;
Gnomon 5, 1929, 281 (Ders.).
2 So z. B. H. Dragendorff, Gnomon 5, 1929, 219. „Die etwaigen
germanischen Zuwanderer waren auch in ihrem Glauben längst keltisiert, wie
ihre Sprache“.
 
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