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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0049
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Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen

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dort an der Eder gewohnt hätten. Diese unmittelbare Verknüp-
fung des frühgeschichtlichen Fundstoffes mit demjenigen Stamm,
den die taciteische Völkertafel für das betreffende Fundgebiet nennt,
begegnet in diesen Anfängen der Beschäftigung mit dem Fundgut
sehr oft. Noch für den jungen Ferdinand Kellea ist das doch
recht verschiedenartige Material, das man heute auf Hallstatt- und
La-Tene-Zeit, sowie die Jahrhunderte der Völkerwanderung ver-
teilt, einheitlich „helvetisch“; was nicht gut römisch oder mittel-
alterlich sein kann, wird von ihm einschließlich Dolmen und Men-
hiren, Steingeräten und Pfahlbauten dieser „helvetischen Zeit“ zu-
geschrieben1.
In einer solchen Deutung der Funde spiegelt sich das Ge-
schichtsbild dieser Zeit, dem jede Vorstellung von der geschicht-
lichen Tiefe einer sog. vorgeschichtlichen Epoche noch fehlt. Aber
so primitiv uns Heutigen ein derartiges Verfahren vielleicht auch
erscheinen mag, so weist es doch auf der anderen Seite den Weg
zu einer ersten zuverlässigen Bestimmung des Alters und der volk-
lichen Zugehörigkeit der Funde. Derselbe K. Wilhelmi, der zu
Beginn seiner Laufbahn als Prähistoriker die von ihm im Kraich-
gau untersuchten, heute auf das Neolithikum und die ganze vor-
römische Metallzeit zu verteilenden Grabhügel den Chatten zu-
schreibt2 * 4, gibt in den folgenden Jahrzehnten der Vorstellung von
dem Fundgut der Merowingerzeit eine immer festere Gestalt. Er
beobachtet die Übereinstimmung des Inhaltes der sog. Reihen-
gräberfelder Süddeutschlands und der Schweiz mit der im Jahre
1653 zu Doornik in Flandern gefundenen reichen Bestattung; und
da diese letztere nach Ausweis des fürstlichen Siegelringes das Grab
des Childerich gewesen ist, auch der Fundstoff sich von demjenigen
der Grabhügel wesentlich unterscheidet, so setzt er jene archäolo-
gische Gruppe in die Zeit, in welcher nach Mitteilung der Schrift-
quellen der genannte Childerich starb. Indem er dann weiterhin
entsprechenden Stoff aus Belgien und Nordfrankreich, sowie dem
1 Vgl. A. Largiader Hundert Jahre Antiquarische Gesellschaft in
Zürich, 1932, 173, sowie 174ff. die Titel von Kellers Aufsätzen in den Mit-
teilungen der Gesellschaft, und 218 f. die Themen seiner ebendort gehaltenen
Vorträge.
2 K. Wilhelmi Beschreibung der vierzehen alten Deutschen Todtenhügel,
welche in den Jahren 1827 und 1828 bey Sinsheim in dem Neckarkreise
des Großherzogthumes Baden geöffnet wurden. 1830, 173f. Die vorher
dort ansässigen Markomannen gehen etwa 7 v. Chr. nach Böhmen, und
so steht das Eindringen der „Catten“ für ihn im Bereiche des Möglichen.
4 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940,41. 2. Abh.
 
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