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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0059
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Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen

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kurzen Äußerungen, zweimal ausführlicher dar1. Sie dünkt ihm ein
recht einfaches Verfahren, und er sieht sie nicht als Glied einer
Entwicklung, sondern gleichsam spontan entstanden und auch als
fertig an. Aber es geht doch eine klare Linie von Wilhelmi her
zu ihm hin, und Kossinna sagt es uns selbst, daß er dem von Mon-
telius vorgezeichneten Wege folgt2. „Ich bin ausgegangen von
der ältesten geschichtlichen Überlieferung, die mein ursprüngliches
Arbeitsgebiet war, und kehre letzten Endes stets dorthin wieder
zurück. Ich legte für diesen letzten, weitest zurückliegenden ge-
schichtlich erreichbaren Zeitabschnitt die beiden von der Geschichte
und von der archäologischen Forschung gelieferten Bilder der
Kulturverhältnisse aufeinander und siehe da, es ergaben sich, wie
dies nicht anders zu erwarten war, die schlagendsten Überein-
stimmungen der Umrisse und Züge dieser beiden Bilder, nur daß
das von der Archäologie gelieferte Bild in den meisten Einzelheiten
ein viel genaueres, klareres, bestimmteres ist. Nun bin ich von
diesem Bilde des ältesten geschichtlichen Zeitabschnittes aus weiter
rückwärts gegangen auf Grund des tausendfach erprobten metho-
dischen Grundsatzes, daß sich die Begriffe Volk und Kulturgruppe
decken; für diese älteren Zeiten, die nur archäologisch greifbar
sind, bedarf ich daher nicht notwendig eines neuen Führers, so-
bald ich nur den lückenlosen Zusammenhang mit den Anfängen
der Geschichte niemals aus den Händen verliere“3.
Genau so wie seine hier genannten Vorgänger arbeitet Kos-
sinna mit der Vorstellung, daß der archäologisch greifbare Kultur-
kreis ein Volkstum anzeigt, und so wenig wie sie bemüht er sich
um ihre Begründung. Es ist für ihn, wie seine eben angeführten
Sätze lehren, „nicht anders zu erwarten“, daß sich Fundprovinz
und Volk decken; es handelt sich ja um einen „tausendfach er-
probten methodischen Grundsatz“. Gelegentlich klingt hier noch
etwas der Kampf gegen Lindenschmit und Hostmann nach, welche
das Vorhandensein einer selbständigen nordischen Bronzezeit ge-
1 Die Herkunft der Germanen. Zur Methode der Siedlungsarchäologie,
1911 (Mannusbibliothek Nr. 6), 1—18; Das siegreiche Vordringen meiner
wissenschaftlichen Anschauungen als Ergebnis meiner wissenschaftlichen
Methode. Mannus 11/12, 1919/20, 396—404.
2 Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 6, 1896, 8: „Wir gehen jedoch
nicht von dieser Urzeit aus vorwärts, sondern als richtige Seiler lieber rück-
wärts, indem wir den Faden möglichst an die Enden der Geschichte und
Sprachforschung anknüpfen.“
3 Mannus 3, 1911, 128.
 
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