Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen 6 5
Bereichen, die Kossinna in diesem Zusammenhang mit heranzieht,
handelt es sich aber nicht mehr um wirkliche Kulturprovinzen,
sondern um einen spärlichen und insbesondere ganz einseitigen
Fundstoff. Einzelne Gerätformen und vielleicht einmal ein Orna-
ment bilden hier die Grundlage für die Erkenntnis von Völkern
und ihren Wanderungen. Deutlich werden so die Grenzen über-
schritten, welche der Anwendung der sog. siedelungsarchäologi-
schen Methode in dem Stoffe selbst gesetzt sind. Immer seltener
erscheint hier, je weiter man rückwärts geht, einmal ein geschlos-
sener Grabfund oder eine Siedelung, und immer mehr tritt damit
Frage archäologisch beantwortet): Die um das westliche Ostsee becken liegen-
den Gebiete und der mittlere Teil von Norddeutschland.
1908 (Vortrag, abgedruckt Mannus 1909 und 1910; Der Ursprung der
Urfinnen und Urindogermanen und ihre Ausbreitung nach dem Osten); Um
die Zeit des spitz- und des breitnackigen Beiles ..hat die Auswanderung der
Indogermanen aus Westeuropa ziemlich gleichzeitig nach zwei Richtungen
stattgefunden“; südindogermanisch ist die Donaukultur (1909, 235f.). Der
nordeuropäische Zweig wandert ,,aus Frankreich nach Norddeutschland und
Südskandinavien“ (ebenda 230 und in nicht minder deutlicher Fassung 52).
1911 (Die Herkunft der Germanen, 28) und 1920/21 (Die Herkunft der
Germanen, 2. Aufl., II u. 27; Mannus 11/12, 255f.; Die Indogermanen. Ein
Abriß, I; Vorbemerkung zu: Die deutsche Vorgeschichte eine hervorragend
nationale Wissenschaft, 3. Aufl. S. VIII). — 1911: ,,In diesem Punkte in der Zu-
teilung der Kultur der Muschelhaufen an die Nordindogermanen oder schlecht-
weg Indogermanen, kehre ich zu einer früheren Ansicht von mir zurück, die
ich in meiner letztens gedruckten Äußerung über diese Fragen zugunsten der
abweichenden Meinung von Montelius, A. M. Hansen und anderen leider ver-
lassen hatte.“ 1921 in der genannten Vorbemerkung: ,,Die Germanen sind das
Ergebnis einer Überflutung der ostjütländischen und westschwedischen reinen
Nordindogermanen, der Nachkommen der Ellerbek-Bevölkerung, durch die
binnenjütländischen und ostschwedischen Finno-Indogermanen, d. h. durch
die indogermanisch beeinflußten, wohl auch indogermanisch gemischten Nach-
kommen der Dobbertin-Bevölkerung.“ In dem Abriß, 75: ,,In die Zeit der
alten Dolmen muß nun auch der Beginn jener ebenso nach vielen Richtungen
in sich einheitlichen, wie von der Ostseezivilisation überall scharf abweichen-
den Zivilisation gesetzt werden, die ich einstens unter dem Namen der Donau-
zivilisation zusammengefaßt und den ‘Südindogermanen’, den Ahnen der spä-
teren Ostindogermanen, zugeschrieben habe, während die Indogermanen an
der Ostsee-Urheimat nunmehr zu den Nordindogermanen, den Ahnen der
späteren Westindogermanen, werden. Auf archäologischem Wege eine Ver-
bindung zwischen nord- und südindogermanischer Kultur zu finden, derart,
daß man die Abtrennung der letzteren von der ersteren an einer Rißstelle und
Verbindungsnaht nachweisen könnte, ist bisher leider noch nicht gelungen.
Dies ist eine schmerzliche Lücke in der Durchdringung des archäologischen
Stoffes.“
5 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phi!.-hist. Kl. 1940/41. -■ Abh.
Bereichen, die Kossinna in diesem Zusammenhang mit heranzieht,
handelt es sich aber nicht mehr um wirkliche Kulturprovinzen,
sondern um einen spärlichen und insbesondere ganz einseitigen
Fundstoff. Einzelne Gerätformen und vielleicht einmal ein Orna-
ment bilden hier die Grundlage für die Erkenntnis von Völkern
und ihren Wanderungen. Deutlich werden so die Grenzen über-
schritten, welche der Anwendung der sog. siedelungsarchäologi-
schen Methode in dem Stoffe selbst gesetzt sind. Immer seltener
erscheint hier, je weiter man rückwärts geht, einmal ein geschlos-
sener Grabfund oder eine Siedelung, und immer mehr tritt damit
Frage archäologisch beantwortet): Die um das westliche Ostsee becken liegen-
den Gebiete und der mittlere Teil von Norddeutschland.
1908 (Vortrag, abgedruckt Mannus 1909 und 1910; Der Ursprung der
Urfinnen und Urindogermanen und ihre Ausbreitung nach dem Osten); Um
die Zeit des spitz- und des breitnackigen Beiles ..hat die Auswanderung der
Indogermanen aus Westeuropa ziemlich gleichzeitig nach zwei Richtungen
stattgefunden“; südindogermanisch ist die Donaukultur (1909, 235f.). Der
nordeuropäische Zweig wandert ,,aus Frankreich nach Norddeutschland und
Südskandinavien“ (ebenda 230 und in nicht minder deutlicher Fassung 52).
1911 (Die Herkunft der Germanen, 28) und 1920/21 (Die Herkunft der
Germanen, 2. Aufl., II u. 27; Mannus 11/12, 255f.; Die Indogermanen. Ein
Abriß, I; Vorbemerkung zu: Die deutsche Vorgeschichte eine hervorragend
nationale Wissenschaft, 3. Aufl. S. VIII). — 1911: ,,In diesem Punkte in der Zu-
teilung der Kultur der Muschelhaufen an die Nordindogermanen oder schlecht-
weg Indogermanen, kehre ich zu einer früheren Ansicht von mir zurück, die
ich in meiner letztens gedruckten Äußerung über diese Fragen zugunsten der
abweichenden Meinung von Montelius, A. M. Hansen und anderen leider ver-
lassen hatte.“ 1921 in der genannten Vorbemerkung: ,,Die Germanen sind das
Ergebnis einer Überflutung der ostjütländischen und westschwedischen reinen
Nordindogermanen, der Nachkommen der Ellerbek-Bevölkerung, durch die
binnenjütländischen und ostschwedischen Finno-Indogermanen, d. h. durch
die indogermanisch beeinflußten, wohl auch indogermanisch gemischten Nach-
kommen der Dobbertin-Bevölkerung.“ In dem Abriß, 75: ,,In die Zeit der
alten Dolmen muß nun auch der Beginn jener ebenso nach vielen Richtungen
in sich einheitlichen, wie von der Ostseezivilisation überall scharf abweichen-
den Zivilisation gesetzt werden, die ich einstens unter dem Namen der Donau-
zivilisation zusammengefaßt und den ‘Südindogermanen’, den Ahnen der spä-
teren Ostindogermanen, zugeschrieben habe, während die Indogermanen an
der Ostsee-Urheimat nunmehr zu den Nordindogermanen, den Ahnen der
späteren Westindogermanen, werden. Auf archäologischem Wege eine Ver-
bindung zwischen nord- und südindogermanischer Kultur zu finden, derart,
daß man die Abtrennung der letzteren von der ersteren an einer Rißstelle und
Verbindungsnaht nachweisen könnte, ist bisher leider noch nicht gelungen.
Dies ist eine schmerzliche Lücke in der Durchdringung des archäologischen
Stoffes.“
5 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phi!.-hist. Kl. 1940/41. -■ Abh.