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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0105
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Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen 105

gehobenen Fund und solchen aus dem Sachsenwalde ist kein Unter-
schied, und die große Einheitlichkeit dieses Typenkreises wird noch
dadurch unterstrichen, daß er, so lange auch die Folgezeit von ihm
zehrt, doch ganz plötzlich in Erscheinung tritt und eine Zeit
stärkerer landschaftlicher Differenzierung des elbgermanischen
Fundnachlasses ablöst. Dazu kommt, daß zu dem genannten
Zeitpunkt noch über die Welt dieser Elbgermanen hinaus eine
beachtenswerte Einheitlichkeit des ganzen südgermanischen Vor-
rates an Metallformen in Erscheinung tritt, die nach den unser
vorangegangenes Kapitel bestimmenden Überlegungen von einem
Teilgebiet dieses Vorkommens ausgegangen sein dürfte. Bereits vor
einem Menschenalter sprach S. Müller die Ansicht aus, daß dieser
Typenkreis „um Christi Geburt in Nordböhmen und den herum-
liegenden Gegenden entstanden ist, wo zu jener Zeit kräftige Völker
größere Reiche gegründet hatten“, und 0. Almgren unternahm
es kurz danach, diesen Gedanken weiter verfolgend, die „Bedeu-
tung des Markomannenreichs in Böhmen für die Entwicklung der
germanischen Industrie in der frühen Kaiserzeit“ zu untersuchen1.
Das von beiden angeschnittene Problem wurde in der Folgezeit
freilich weder in sachlicher Hinsicht noch in bezug auf seine Be-
deutung für die Methode der Prähistorie erneut behandelt; doch
kann es schon heute als gesichert gelten, daß die von den Genann-
ten vorgeschlagene Lösung im wesentlichen richtig ist. Danach
brachte die politische Wirksamkeit Marbods, so kurz sie insgesamt
w-ar, Verhältnisse mit sich, die auch in der archäologischen Welt
ihren Ausdruck finden, und eine Stelle in den Annalen des Tacitus2
betont ja zudem die Bedeutung des Königssitzes für die Entwick-
lung der Gewerbe und des Güterverkehrs. Wie diese Monarchie
nicht nur swebische Stämme eint, sondern über deren Grenzen
hinausgreift, zwingen auch die führenden Werkstätten im Kern-
gebiet dieser politischen Bewegung einen großen Teil der Süd-
germanen in ihren Bann.
Der Fundstoff gestattet hier also nicht die Abgrenzung eines
Stammesgebietes, und zwar gilt dies weder für den Bereich der ein-
heitlichen Metallindustrie, die sich an Rhein und Weichsel genau
so findet wie längs der Elbe, noch für den ungleich kleineren Kern,
der in erster Linie durch die „westgermanischen“ Mäanderurnen
1 Mannus 5, 1913, 265—278. Die beiden Zitate geben den Titel der
Arbeit Almgrens und einen Satz aus seiner Einleitung wieder.
2 II, 62.
 
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