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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0122
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122

E. Wahle:

in Griechenland gewidmet sind1. Für ihn ergibt sich der Wechsel
des archäologischen Bildes zwanglos aus dem neuen Werkstoff,
während ,,so manche moderne Forscher . . . verzweifelt nach welt-
bewegenden geschichtlichen Ereignissen suchen, um diese an sich
so leicht verständlichen Wandlungen zu erklären. Am liebsten
werden Völker zur Wanderung aufgerufen, und im Bereich der
Aegäis ist es eine ganze Einwanderungsfront, welche sich von
Kleinasien nach dem Westen gewälzt haben soll“2. Diesen Gesichts-
punkt auf die Deutung der einzelnen archäologischen Umstände
eines kleinen Gebietes — das Abbrechen der Gräberfelder, die
Anlage neuer Bestattungsplätze, das Vorhandensein einer typo-
logischen Lücke — übertragend, mahnt auch H. Zeiss3 „zur Vor-
sicht gegenüber dem beliebten Schluß auf Wanderung“.
Nun hat aber die Prähistorie der hier vorgeschlagenen Deu-
tung, die Lücken in der Entwicklung mit dem Wandel der Lebens-
kraft in Zusammenhang zu bringen, schon einmal ziemlich nahe
gestanden, und zwar in jener Zeit, in der sie den Begriff des rück-
läufigen Kulturstromes formte. Als die skandinavische Forschung
daran ging, die Grundlagen des Kunstgewerbes der Völkerwande-
rungszeit zu suchen, da erkannte sie, daß im Gefolge der gotischen
Abwanderung von der Ostsee zum Schwarzen Meer eine ganze
Beihe südöstlicher Güter in das Heimatgebiet der Germanen über-
tragen werden. Rechnen wir heute zu diesen Dingen zwar nicht
mehr die Runenschrift, die man damals gerne von dorther ab-
leitete, so hat doch der „ältere gotische Kulturstrom“ als das Er-
gebnis der noch einige Zeit lang aufrecht erhaltenen Beziehungen
zwischen Auswanderern und Zurückgebliebenen eine immer festere
Gestalt angenommen. So sehr er nun aber B. Salins Buch über
die altgermanische Tierornamentik in Gliederung und Inhalt mit-
bestimmt4, so wenig hat man es doch verstanden, diese hier —
und bezeichnenderweise wieder einmal an der frühesten Grenze der
Schriftquellen — gewonnene Erkenntnis methodischer Art auf
andere und vor allem weiter zurückliegende Stoffgebiete zu über-
tragen. Allem Anscheine nach macht von ihr lediglich Kos sinn a
Gebrauch5, der also auch in dieser Hinsicht an die Arbeiten der
1 Klio 32, 1939, 251. 2 Vgl. ebenda 265. 3 Germania 14, 1930, 47f.
4 1904; vgl. auch O. v. Friesen in Hoops, Reallexikon der germani-
schen Altertumskunde 4, 1918/19, 8f.
5 Korrespondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie,
Ethnologie und Urgeschichte 38, 1907, 58: die keltische Scheibenkeramik der
 
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