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E. Wahle:
der Ansichten darüber nicht zustande; aber die Beantwortung der
allgemeinen Umfrage1 bleibt doch ein Zeugnis der ganz ausgespro-
chen auf das Praktische hin gerichteten Einstellung des Faches.
Kaum irgendwo zeigt sich hier das Interesse an einer breiten, all-
gemein gerichteten wissenschaftlichen Grundlegung; fast niemand
denkt an denjenigen heilsamen Zwang zur Kombination ganz be-
stimmter Fächer, welcher allein eine geschlossene Berufsausbildung
gewährleistet und demgemäß jeden zukünftigen höheren Lehrer
vor der Einseitigkeit bewahrt. Kurse im Vermessen, Zeichnen und
Photographieren sollen in die Ausbildung einbezogen und z. T.
obligatorisch gemacht werden; jedoch die Forderung nach dem
Einbau der Philosophie in die Abschlußprüfung wird in diesen
Kreisen als ein „Atavismus“ betrachtet.
Die Mehrzahl dieser dem deutschen Arbeitsraum entstammen-
den Beispiele mag in seinen besonderen Verhältnissen begründet
sein; aber die in ihnen sich übereinstimmend äußernde Grund-
einstellung begegnet als diejenige auch der außerdeutschen Früh-
geschichtsforschung. „Typologie ist die Anwendung des Darwinis-
mus auf die Produkte der menschlichen Arbeit. Sie geht von der
Voraussetzung aus, daß der menschliche Wille an gewisse Gesetze
gebunden sei, ähnlich denen, die für die Entwicklung in der organi-
schen Welt Geltung haben. Die Altertümer entwickeln sich, als
ob sie lebende Organismen wären, die einzelnen Gegenstände sind
Individuen, eine Typenserie stellt die Entwicklung einer Art dar
und eine Gruppe von Typenserien wiederum eine Entwicklung, die
sich in verschiedenen Arten verzweigt und eine Familie bildet.
Das ist, schematisch ausgedrückt, der Gedankengang, der in der
Typologie zur Anwendung kommt“. In dem der typologischen
Methode gewidmeten Aufsatz N. Äbergs, we ehern diese Sätze
entnommen sind2, begegnet wohl auch der „lebendige Wille des
Erzeugers“, aber dieses Wollen soll doch einer „gesetzmäßigen
Entwicklung“ unterworfen sein3. Es nützt ferner nichts, wenn
Aberg feststellt, daß „die Entwicklung manchmal einen sprung-
haften Charakter annimmt und in gewissem Sinne den Mutationen
1 Ebenda 7, 1931, 226—232 (G. v. Merhart als Berichterstatter).
2 M. Ebert, Reallexikon der Vorgeschichte 13, 1929, 508—516. Die
angeführten Sätze 508 f. (§3).
3 a. a. O. 511. Dieselbe unglückliche Vermengung zweier ganz verschie-
dener Dinge kurz darauf noch einmal; auch der Historiker des Mittelalters
„arbeitet sich zu dem Gesetzmäßigen in der Entwicklung hindurch, also zu
dem Willen“.
E. Wahle:
der Ansichten darüber nicht zustande; aber die Beantwortung der
allgemeinen Umfrage1 bleibt doch ein Zeugnis der ganz ausgespro-
chen auf das Praktische hin gerichteten Einstellung des Faches.
Kaum irgendwo zeigt sich hier das Interesse an einer breiten, all-
gemein gerichteten wissenschaftlichen Grundlegung; fast niemand
denkt an denjenigen heilsamen Zwang zur Kombination ganz be-
stimmter Fächer, welcher allein eine geschlossene Berufsausbildung
gewährleistet und demgemäß jeden zukünftigen höheren Lehrer
vor der Einseitigkeit bewahrt. Kurse im Vermessen, Zeichnen und
Photographieren sollen in die Ausbildung einbezogen und z. T.
obligatorisch gemacht werden; jedoch die Forderung nach dem
Einbau der Philosophie in die Abschlußprüfung wird in diesen
Kreisen als ein „Atavismus“ betrachtet.
Die Mehrzahl dieser dem deutschen Arbeitsraum entstammen-
den Beispiele mag in seinen besonderen Verhältnissen begründet
sein; aber die in ihnen sich übereinstimmend äußernde Grund-
einstellung begegnet als diejenige auch der außerdeutschen Früh-
geschichtsforschung. „Typologie ist die Anwendung des Darwinis-
mus auf die Produkte der menschlichen Arbeit. Sie geht von der
Voraussetzung aus, daß der menschliche Wille an gewisse Gesetze
gebunden sei, ähnlich denen, die für die Entwicklung in der organi-
schen Welt Geltung haben. Die Altertümer entwickeln sich, als
ob sie lebende Organismen wären, die einzelnen Gegenstände sind
Individuen, eine Typenserie stellt die Entwicklung einer Art dar
und eine Gruppe von Typenserien wiederum eine Entwicklung, die
sich in verschiedenen Arten verzweigt und eine Familie bildet.
Das ist, schematisch ausgedrückt, der Gedankengang, der in der
Typologie zur Anwendung kommt“. In dem der typologischen
Methode gewidmeten Aufsatz N. Äbergs, we ehern diese Sätze
entnommen sind2, begegnet wohl auch der „lebendige Wille des
Erzeugers“, aber dieses Wollen soll doch einer „gesetzmäßigen
Entwicklung“ unterworfen sein3. Es nützt ferner nichts, wenn
Aberg feststellt, daß „die Entwicklung manchmal einen sprung-
haften Charakter annimmt und in gewissem Sinne den Mutationen
1 Ebenda 7, 1931, 226—232 (G. v. Merhart als Berichterstatter).
2 M. Ebert, Reallexikon der Vorgeschichte 13, 1929, 508—516. Die
angeführten Sätze 508 f. (§3).
3 a. a. O. 511. Dieselbe unglückliche Vermengung zweier ganz verschie-
dener Dinge kurz darauf noch einmal; auch der Historiker des Mittelalters
„arbeitet sich zu dem Gesetzmäßigen in der Entwicklung hindurch, also zu
dem Willen“.