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E. Wahle:
dings einmal die Bodenfunde dazu dienen, für ein begrenztes Ge-
biet und eine bestimmte Zeit ein „germanisches Kraftfeld“ Wieder-
erstehen zu lassen1. Wenn da und dort vor einer Überspitzung der
typologischen Untergliederung des Nachlasses einer Epoche ge-
warnt wird, dann liegt einzelnen dieser Fälle die Vorstellung von
der Eigenwilligkeit des lebendigen Geschehens zugrunde; das
dürfte bei M. Jahn2 und D. Viollier3 so sein, während man frei-
lich in der Mehrzahl dieser Beispiele noch nicht nach einer ursäch-
lichen Auffassung der betreffenden typologischen Beobachtung ver-
langt4. Wirklich klar aber sehen offenbar nur 0. Rydbeck und
A. W. Brogger die Notwendigkeit, hinter den archäologischen
Formen einen ganz bestimmten, jeweils fest in Raum und Zeit
verankerten Menschen zu finden. Ersterer äußert seine Gedanken
in einer kleinen Studie, welche „die Lebensdauer gewisser Formen
von Altertümern und Kulturperioden in verschiedenen Teilen Skan-
dinaviens“ betrifft5; der letztere widmete ihnen einen knappen,
den programmatischen Titel „Vorgeschichte und Geschichte“ tra-
genden Aufsatz6, nachdem er sie bereits einer selbständigen Dar-
stellung zugrunde gelegt hatte7. Genau so wie Rydbeck vertritt
auch Brogger die Auffassung, daß das in Norddeutschland und
dem südlichen Skandinavien aufgestellte und dort gültige Drei-
periodensystem nicht schematisch auf andere Gebiete, so schon
nicht einmal auf das übrige Skandinavien, angewendet werden darf.
Beide sehen in der typologischen Methode nur ein technisches
Mittel, nicht aber ein Ziel; doch da sie sich geradezu verabsolu-
tiert habe, so erscheine sie als „ein gefährliches Blendwerk, das die
Forschung irrezuführen droht“8. Für Brogger ist es eine „Haupt-
1 E. Petersein, Der ostelbische Raum als germanisches Kraftfeld im
Lichte der Bodenfunde des 6.—8. Jahrhunderts, 1939.
2 Prähistorische Zeitschrift 27, 1936, 291 f.
3 Archives suisses d’Anthropologie generale 4, 1920, 141 ff.; vgl. dazu
Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte 13, 1921, 26.
4 So m. E. in den S. 128 herangezogenen Fällen.
5 Meddelanden frän Lunds Universitets Historiska Museum, 1940 (K. Hu-
manistiska Vetenskapssamfundets i Lund Ärsberättelse 1939—1940, II), 1—32
u. 78—84. — In einigen dieser Studie vorangegangenen Arbeiten über das
Neolithikum des südlichen Schwedens bereitet sich diese Auffassung vor, ohne
daß Rydbeck ihr aber hier schon eine allgemeine Bedeutung zuerkennt.
6 Vorgeschichtliches Jahrbuch 3, 1926 (1928), 1—10.
7 Kulturgeschichte des norwegischen Altertums (Instituttet for samraen-
lignende Kulturforskning, Serie A, 6), 1926. Von mir besprochen Deutsche
Literaturzeitung 1930, 2238—46. 8 Siehe Broggers Aufsatz 1926, 2.
E. Wahle:
dings einmal die Bodenfunde dazu dienen, für ein begrenztes Ge-
biet und eine bestimmte Zeit ein „germanisches Kraftfeld“ Wieder-
erstehen zu lassen1. Wenn da und dort vor einer Überspitzung der
typologischen Untergliederung des Nachlasses einer Epoche ge-
warnt wird, dann liegt einzelnen dieser Fälle die Vorstellung von
der Eigenwilligkeit des lebendigen Geschehens zugrunde; das
dürfte bei M. Jahn2 und D. Viollier3 so sein, während man frei-
lich in der Mehrzahl dieser Beispiele noch nicht nach einer ursäch-
lichen Auffassung der betreffenden typologischen Beobachtung ver-
langt4. Wirklich klar aber sehen offenbar nur 0. Rydbeck und
A. W. Brogger die Notwendigkeit, hinter den archäologischen
Formen einen ganz bestimmten, jeweils fest in Raum und Zeit
verankerten Menschen zu finden. Ersterer äußert seine Gedanken
in einer kleinen Studie, welche „die Lebensdauer gewisser Formen
von Altertümern und Kulturperioden in verschiedenen Teilen Skan-
dinaviens“ betrifft5; der letztere widmete ihnen einen knappen,
den programmatischen Titel „Vorgeschichte und Geschichte“ tra-
genden Aufsatz6, nachdem er sie bereits einer selbständigen Dar-
stellung zugrunde gelegt hatte7. Genau so wie Rydbeck vertritt
auch Brogger die Auffassung, daß das in Norddeutschland und
dem südlichen Skandinavien aufgestellte und dort gültige Drei-
periodensystem nicht schematisch auf andere Gebiete, so schon
nicht einmal auf das übrige Skandinavien, angewendet werden darf.
Beide sehen in der typologischen Methode nur ein technisches
Mittel, nicht aber ein Ziel; doch da sie sich geradezu verabsolu-
tiert habe, so erscheine sie als „ein gefährliches Blendwerk, das die
Forschung irrezuführen droht“8. Für Brogger ist es eine „Haupt-
1 E. Petersein, Der ostelbische Raum als germanisches Kraftfeld im
Lichte der Bodenfunde des 6.—8. Jahrhunderts, 1939.
2 Prähistorische Zeitschrift 27, 1936, 291 f.
3 Archives suisses d’Anthropologie generale 4, 1920, 141 ff.; vgl. dazu
Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte 13, 1921, 26.
4 So m. E. in den S. 128 herangezogenen Fällen.
5 Meddelanden frän Lunds Universitets Historiska Museum, 1940 (K. Hu-
manistiska Vetenskapssamfundets i Lund Ärsberättelse 1939—1940, II), 1—32
u. 78—84. — In einigen dieser Studie vorangegangenen Arbeiten über das
Neolithikum des südlichen Schwedens bereitet sich diese Auffassung vor, ohne
daß Rydbeck ihr aber hier schon eine allgemeine Bedeutung zuerkennt.
6 Vorgeschichtliches Jahrbuch 3, 1926 (1928), 1—10.
7 Kulturgeschichte des norwegischen Altertums (Instituttet for samraen-
lignende Kulturforskning, Serie A, 6), 1926. Von mir besprochen Deutsche
Literaturzeitung 1930, 2238—46. 8 Siehe Broggers Aufsatz 1926, 2.