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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0146
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Rassenmischung, von Umweitfaktoren und geschichtlicher Ent-
wicklung ist, hat sie in jedem einzelnen Fall ihre ganz persönliche
Prägung und spiegelt sie damit die Einmaligkeit alles historischen
Geschehens.
Als eine sehr bezeichnende Parallele zu der hier erstrebten Ent-
wicklung bietet sich der Versuch der Geologie dar, „erdgeschicht-
liche Gestalten“ zu umreißen und aus dem Besonderen der Zeit
und des Raumes heraus zu deuten, der sog. historischen Geologie
heutiger Prägung also eine ganz neue Richtung zu geben. Für
diese Schau hat auch die Erdoberfläche eine persönliche, von einer
geologischen Provinz zur anderen hin verschiedene, aus der Ein-
maligkeit, einer jeden Konstellation zu erklärende Prägung. Der
unserer prähistorischen Typologie vergleichbaren Formationskunde
bisherigen Stiles, welche im wesentlichen nur einen naturgesetzlich-
zwangsläufigen Ablauf kennt, wird damit eine ganz neue, von
E. Becksmann herausgearbeitete Betrachtungsweise zur Seite ge-
stellt1, für welche das Problem der Gestalt ein solches nicht nur
der Paläontologie ist. „Vergleichen wir den Charakter des erd- und
lebensgeschichtlichen Geschehens mit dem der menschlichen Ge-
schichte, dann kann zusammenfassend nur gesagt werden, daß
Gang, Struktur und Sinn des Naturgeschehens sich grundsätzlich
nicht davon unterscheiden, somit echt geschichtlich sind und keinen
Sonderfall des Werdens darstellen. Alles Geschehen, soweit es nicht
im physikalisch-chemischen Laboratorium in Teilbereichen isoliert
wird, verläuft in den Kampfbahnen der Geschichte“2.
Die Vorstellung von der Lebenskraft und der Prägung des früh-
geschichtlichen Geschehens durch sie ist genau so wie die bisher
übliche Gleichsetzung der Begriffe Kulturprovinz und Volk in dem
Grenzbereich der Prähistorie gegen die frühen Schriftquellen hin
entwickelt worden. Sie soll die Deutung des Fundstoffes vertiefen
und durch die Heraushebung der eigentlichen Gestalter des Ge-
schehens das Fach aus seiner derzeitigen Enge lösen. Ist denn nun
aber der wiederholte Hinweis auf die Grenzen, die auch diesem
Streben gezogen sein werden, gerade hier am Platze, wo für ein

1 Vgl. seinen Aufsatz: Erdgeschichtliche Gestalten. Grundsätzliches zur
erdgeschichtlichen Fragestellung, Zeitschrift der Deutschen Geologischen
Gesellschaft 91, 1939, 734—756.
2 Schlußwort eines Aufsatzes des gleichen Verf.s über Gang, Struktur
und Sinn der Erdgeschichte, Forschungen und Fortschritte 16, 1940, 147
bis 149.
 
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