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Hoops, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 5. Abhandlung): Shakespeares Name und Herkunft — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42024#0053
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11. Entstellung des Spitznamens Shakespeare

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ln einer Zuschrift an Notes and Queries1 sagt Bardsley, der Name
Shakespeare gehöre zu einer erblich gewordenen Klasse von Spitz-
namen, die sich auf die mißliebige Art und Weise beziehen, mit der
untergeordnete Beamte ihr Amt auszuüben pflegen. Solche Namen
knüpfen sich gewöhnlich an das Werkzeug oder Abzeichen des
betreffenden Amtes unter Hinzufügung von wag oder shake; zB.
shake-lock 'Schüttelschloß, Schloßschüttler’ als Bezeichnung für
einen Beschließer oder Gefangenenwärter; ältere Namen wie Wagge-
staff, Wagtail, Wagspere oder der noch existierende Waghorn. Simon
Shakelok, Henry Shakelaunce, Hugh Shakeshaft begegnen in alten
Urkunden. Bardsley kommt zu dem Ergebnis, daß William Shake-
speare der Nachkomme eines “officer of the law, or one who held
Service under some feudal lord’’ gewesen sei. Das ist auch mir das
Wahrscheinlichste. Vielleicht war ein Vorfahr des Dichters ein
Lanzenknecht in der Leibwache der Grafen von Warwick oder eines
andern adligen Herrn; vielleicht auch war er ein lanzentragender
städtischer Polizeibeamter.
Daß Shakespeare ein verbreiteter Spitzname dieser Art war,
dafür spricht ein interessanter Eintrag, der sich in den Annalen
von Merton College, Oxford, findet. Am 23. Juni 1487 wurden
sechs neue Baccalaurei ernannt; von einem derselben heißt es in
dem Eintrag:
“Hugo Sawndare, alias dictus Shakspere, sed mutatum est illud nomen
ejus, quod vile reputatum est.”
Also Hugh Shakspere (Varianten der Schreibung: Shakespere, Shaki-
spere) hatte seinen Namen in Hugh Sawndare (Saunder) geändert,
weil der Name Shakespeare als zu vulgär galt1 2. Daraus ergibt sich
deutlich genug, daß der Name damals keineswegs einen heroischen
Klang, sondern vielmehr einen unangenehmen, vulgären Bei-
geschmack hatte3.

1 4b July 1874, S. 2. Vgl. auch K. Elze Will. Shakespeare, S. 11 (1876),
und W. J. Rolfe Life of Will. Shakespeare S. 19 (Boston 1901).
2 Ein Eintrag über dieselbe Person im Register des Bischofs von London
lautet: “Saunders alias Breakspear alias Shakspeeres” (1513). Vgl. C. L.
Ewev Hist, of Surnames S. 312.
3 Vgl. über diesen Fall Johx W. Hales, “The Name Shakespeare”;
Athenaeum 15. 8. 1903, S. 230—32. Chambers II 375f. Rolfe 19.
 
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