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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0016
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Ernst A. Schmidt

ist wiederum in doppelter Hinsicht einzuschränken. 1. Die Formel hat
bei Octavian zwar nur den Sinn einer allgemeinen Huldigung, aber
sie ist auch tatsächlich in allgemeiner Formelhaftigkeit geblieben, wäh-
rend sie in der Tradition mit dem Motiv des Gesangs verknüpft ist
und etwa Horaz in epist. I 1,1 Maecenas anredet: «Prima dicte mihi,
summa dicende Camena». Gerade ein solcher gegenüber Pollio ange-
sichts ecl. 3,84-91 naheliegender Ausdruck des Nennens und Besingens
fehlt in ecl. 8. Vergil hat vom Anfang des theokritischen Enkomions
auf Ptolemaios (id. 17,1-5) gerade die Zeusformel übernommen, die
für das Gedicht keine Folgen hat, in diesem nicht aufgegriffen und aus-
geführt wird. Er hat nicht den von Horaz gewählten Preis des Königs
nachgestaltet: άνδρών δ’ αύ ΠτιΑεμαΐος ένί πρώτοισι λεγέσθω (= dicen-
de) / και πύματος καί μέσσος. Pollio aber war für den Vergil der Eklogen,
was für Horaz Maecenas war. 2. Bei Beziehung der Formel auf Pollio
und entsprechender Füllung mit dem konkreten Inhalt, daß Pollio
von Anfang bis Ende Patron der vergilischen Bukolik sei, wäre die
Fortführung von «desinam», nämlich «accipe iussis / carmina coepta
tuis» problematisch. Wie soll man den Auftrag Pollios zu dieser ab-
schließenden Dichtung17 im Ganzen seines Patronats für Vergils Buko-
lik verstehen? Zur Deutung dieses Satzes als Auftrags Octavians kom-
me ich in § 7.
Hier sei nur noch bemerkt, daß ecl. 3,84 ff. noch gleichsam mit
Catull, c. 1 zusammengehört - beides sind Dokumente für das Verhält-
nis des neoterischen Dichters zu seinem Patron -, während sich in ecl.
8,11 ff. der Adressat nicht mehr wie Asinius Pollio in ecl. 3 mit Corne-
lius Nepos vergleichen läßt, sondern eher mit dem Maecenas der Geor-
gica (vgl. bes. III 40-42: «interea . . . sequamur / . . . tua, Maecenas,
haud mollia iussa. / te sine nil altum mens incohat»: «te sine nil . . .»
= «a te principium, tibi desinam»; «incohat» = «coepta»). Das neo-
terische Verhältnis zum patronus (ecl. 3: 43/42 v. Chr.) ist in ecl. 8 (35
v. Chr.) von dem <augusteischen> abgelöst worden.

17 Zu «carmina» vgl. u. S. 31 ff.
 
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