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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0039
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Pan und Arkadien in den drei späten Eklogen

Die drei späten Eklogen 8, 10 und 7 sind übersteigernde Rückkehr zur
bukolischen Dichtung der Eklogen 2, 3, 5, 9, 1, 6 nach dem durch die
Konsulsbukolik von ecl. 4 ausgelösten Intervall. Übersteigerungen u. a.
insofern, als sie das Zentralthema des Gesangs1 verstärkt in den Mittel-
punkt stellen2 und insbesondere das erste dieser drei Gedichte, ecl. 8,
die Macht des Gesangs, darin zumal das letzte Stück der Tamarisken-
bukolik, ecl. 6, aufnehmend, zum Thema hat.
Die Einheit der Eklogen 8, 10 und 7 äußert sich handgreiflich in den
(den frühen sechs Eklogen 2, 3,5, 9,1, 6 fehlenden) Worten <Arkadien>,
<Arkader> und dem Vorkommen arkadischer Lokalitäten, die vorher
nicht genannt worden waren. Vom Textbefund her ist Vergils Bukolik
in den ersten sechs Stücken nicht arkadisch. Eine Bestimmung des ver-
gilischen Arkadienbegriffs, welche das bukolische Corpus als Einheit
nimmt und das Vergilische und das Bukolische als Ganzes Arkadien
nennt, ist daher sowohl literaturgeschichtlich als auch als Textinter-
pretation nicht zu rechtfertigen. Es ist zwar a priori, auch methodisch,
erlaubt, das Wesen der vergilischen Bukolik insgesamt Arkadien zu
nennen. Notwendig sind dabei aber diese Beschränkungen. Wer es
tut, muß sich bewußt bleiben, daß er nicht das meint, was Vergil selbst
Arkadien nennt. Infolgedessen darf auch die Ableitung und Entstehung
des vergilischen Arkadienbegriffs nicht im gleichen Arbeitsgang be-
fragt werden; eher ist die Herkunft des eigenen Arkadienbildes zu ver-
gegenwärtigen, welches, wie gesagt, bei der angewandten Methode
nicht aus Vergil gewonnen sein kann. Ob es sich allerdings empfiehlt,
1 Das Wort «carmen» kommt in den drei frühesten Eklogen 12mal vor, in den
drei späten 13mal (dabei ist «carmina» im Schaltvers des Lieds des Alphesiboeus
in ecl. 8 nur einmal gezählt); am häufigsten in einem einzelnen Gedicht ist es in
ecl. 8: 8mal (bzw., zählt man jeden Beleg im zweiten Schaltvers mit, 16mal); es
folgt mit 7 Belegen ecl. 9, das erste Gedicht der Mittelgruppe. Die drei Eklogen
1, 6,4 enthalten «carmen» zusammen nur 8mal.
2 Zur Würdigung dieses Paragraphen über die Charakteristika, welche die Eklo-
gen 8, 10 und 7 zu einer einheitlichen Gruppe zusammenbinden, vgl. Berg, a. O.,
S. 194 ff. über die von den drei Gedichten seiner Spätgruppe, ecl. 6, 8, 10 geteil-
ten Charakteristiken; Berg führt an: a) alle drei Eklogen seien Auftragsdichtung,
b) alle drei Gedichte experimentierten mit Themen späterer vergilischer Dichtung
(Georgica, Aeneis).
 
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