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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0068
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§12

Die Authentizität und der Charakter der antiken Testimonien
über Vergils Arbeitsdauer an seinen Werken
In seinem Artikel hatte Bowersock der Datierung der achten Ekloge
einen Abschnitt vorausgeschickt, in welchem er den Versuch unter-
nahm, den chronologischen Nachrichten der Antike zu Vergils Wer-
ken, insbesondere zu den Eklogen, jegliche Authentizität abzusprechen.
Er mochte deshalb glauben, dieser Nachweis sei notwendig, weil jene
Testimonien der neuen und wahren Deutung zu widersprechen schei-
nen, womit sie selbst historisch nicht wahr sein könnten. Da das Über-
denken der Problematik mich gerade in die entgegengesetzte Richtung
geführt hat, daß nämlich die neue und für richtig gehaltene Datierung
der achten Ekloge und ihre Konsequenzen überhaupt erst die Authen-
tizität jener Testimonien, nämlich ihren ursprünglichen und später
mißverstandenen Sinn, erkennen läßt, verzichte ich auf das Referat der
Bowersockschen Argumentation und eine durchgängige Auseinander-
setzung mit den Details seiner Beweisführung und führe stattdessen
meine Überlegungen vor.
Aber zum Grundsätzlichen ist doch zweierlei zu sagen. 1. Das Prin-
zip des amerikanischen Historikers, Scholiastenzeugnisse dürften allein
dann, wenn sie nicht aus dem Werk selbst extrapoliert worden sein
könnten, als mögliche authentische äußere Informationen behandelt
werden1, ist sicherlich überspitzt. Man halte das abgewogene Urteil
Büchners dagegen und die gründlichen Analysen, auf denen es beruht2.
2. Bei seinem versuchten Nachweis, die Testimonien zur Chronologie
der Eklogen zu entwerten, übersieht Bowersock, daß auch ecl. 8 eine
selbst antiken Philologen sich anbietende Datierungsmöglichkeit ent-
hält, sei es nun 39 v. Chr. bei Beziehung der Anrede auf Pollio, sei es
35 unter der Voraussetzung, Octavian sei angeredet. Dieser Einwand
trifft umso mehr, als Bowersock selbst3 meint, antike Scholiasten hätten
bei ihrer Berechnung der Arbeitszeit an den Georgica das Jahr 35 aus
dem Schluß von Georg. I extrapolieren können und extrapoliert. Ab-
1 Vgl. a. O., S. 74.
2 Vgl. a. O., Sp. 27ff. (von Bowersock nicht berücksichtigt); vgl. auch Schmidt, Poet.
Reff., S. 121 ff.
3 a. O., S. 75.
 
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