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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0017
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§4

Sophokleischer Kothurn und die Tragödiendichter
Iulius Caesar, Octavian, Varius und Pollio
Für die Tragödiendichtung Octavians scheint, wie schon bemerkt,
Ähnliches gegenüber der tragischen Produktion Pollios zu gelten, wie
wir es für das zeitliche Verhältnis von Sieg und Triumph des angerede-
ten Feldherrn in bezug auf den Zeitpunkt der Anrede ausgeführt haben.
Für Octavian ist ein <Aiax> bezeugt1. Dieser <Aiax>, ob vollendet2 oder
unvollendet3, <stürzte sich in den Schwamrm, wie sein Autor witzig
sagte4. Seine Nichtvollendung ist demnach für ecl. 8,9 f. vorauszuset-
zen. So ist auch hier die Frage eine echte Frage und ein Wunsch für die
Zukunft. Was als eine Vergils unwürdige Schmeichelei hätte wirken
können, wird subtil zum Anspruch. Allein des Sophokles wird eine
Dichtung Octavians würdig sein dürfen. Bei Beziehung auf Octavian
wäre «carmina» in v. 10 dann wohl als Bezeichnung einer einzigen
Dichtung zu verstehen5, wie ebenso auch wohl in v. 126.
Über Pollios Tragödien fehlt so sehr jede nähere Information, daß
wir über einen eventuellen Zusammenhang mit Sophokles nichts wis-
sen. Die Möglichkeit eines so glücklichen Zusammentreffens wie Octa-
vians <Aiax> mit «Sophocleo coturno» fehlt daher schon aus bloßem
Mangel an Nachrichten. Man mag vielleicht argumentieren, ein spe-
zieller Zusammenhang sei auch nicht unbedingt zu fordern, wenn an-
ders Sophokles als der Tragiker par excellence gelten konnte7. Aber
gewiß gilt einmal, daß der Ausdruck dann nicht gewählt worden wäre,
wenn der römische Tragödiendichter sich eng an euripideische Stücke
gehalten hätte oder einem Stilideal gefolgt wäre, für das in der Kon-
1 Vgl. Suet., Div. Aug. 85,2; Macr., Sat. II 4,2; Suda, s. v. Αύγουστος Καϊσαρ. Vgl.
Henrica Malcovati (ed.), Imperatoris Caesaris Augusti Operum Fragmenta,
Turin (Corpus Paravianum) 19695, S. 3, fr. 6 und 7 (und exeget. Apparat).
2 Vgl. Macr., a. O.: «scripserat».
3 Vgl. Suet., a. O.: «magno impetu exorsus, non succedenti stilo».
4 Suet., a. O.; Macr., a. O.
5 Vgl. jedoch u. S. 18 ff.
6 Vgl. u. S. 31 f.
7 Vgl. Schmid-Stählin, Gesch. d. griech. Lit. I 2, 504. - Die folgenden Ausführun-
gen sind vielleicht insofern zu relativieren, als im Sinne des Urteils «tragici co-
thurni princeps» (Plin., N. h. VII 109) mit <sophokleischem Kothurn> in ecl. 8
immerhin «höchste Kunst, Vollendung in tragischer Dichtung» als Aussage beab-
sichtigt sein könnte.
 
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