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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0028
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Ernst A. Schmidt

12. Es ist nun nur noch die Reihenfolge zwischen ecl. 7 und 10 zu
klären, bzw., die Frage zunächst noch offener haltend, die chronologi-
sche Stellung von ecl. 10 zu bestimmen. Eindeutig ist, daß dieses Ge-
dicht nicht früh ist. Es ist für seine Stellung am Schluß des Buches ge-
dichtet: «Extremum hunc, Arethusa, mihi concede laborem» (v. 1) und
«ite domum saturae, venit Hesperus, ite capellae» (v. 77; Schlußvers).
Diese Absicht kann aber nicht der ersten Kompositionsphase ange-
hören, da dann die Sammlung auch tatsächlich mit dem Bestand 1, 2,
3, 4, 5, 6, 9, 10 abgeschlossen worden wäre. Ecl. 10 gehört in die Zeit
von ecl. 7 und 8, ohne daß die Absicht auch der Herausgabe eines
Buches von 10 Gedichten erst nach dem Abschluß aller anderen neun
Eklogen erwacht sein müßte.
13. Ecl. 10,77: «ite domum saturae, venit Hesperus, ite capellae»
und ecl. 7,44: «ite domum pasti, si quis pudor, ite iuvenci» sind beide
ecl. 1,74 verpflichtet: «ite meae, quondam felix pecus, ite capellae». Ist
der Schlußvers der zehnten Ekloge durch Verwandlung des Verses aus
ecl. 1 über ecl. 7 entstanden oder der Vers des Thyrsis durch Kontami-
nation aus ecl. 1 und 10 und als Persiflage von ecl. 10,77? Die Frage ist
schwer zu entscheiden. Wenn man jedoch berücksichtigt, wie ecl. 10,77
(«saturae . . . capellae») in v. 30: «nec fronde capellae (sc. saturantur)»
vorbereitet ist9, während ecl. 7,44 nur auf den engeren Kontext des
dritten Strophenpaars (v. 37-44) Rücksicht zu nehmen hat und hier
Vergil Corydon «pasti . . . tauri» (v. 39) nur deshalb sagen läßt, damit
Thyrsis die Voraussetzung zu einer Variation erhält, die auf die las-
ziven Verse [Theocr.J, id. 27,48 f. zurückgreift10, ergibt sich mit größe-
rer Wahrscheinlichkeit die Reihe: ecl. 1: «ite . . . capellae», ecl. 10: «ite
domum . . . capellae», ecl. 7: «ite domum . . . iuvenci», eine Reihe, die
ja auch ohne weitere Argumente gut nachzuvollziehen ist. Die Priorität
von ecl. 10 scheint sich auch daraus zu ergeben, daß ecl. 7,4 f.: «Arca-
des ambo, / et cantare pares et respondere parati» offenbar ecl. 10,31-
33 voraussetzt: «tarnen cantabitis, Arcades . . ./ montibus haec vestris,
soll cantare periti / Arcades» und daß Corydons erste Strophe (ecl.
7,21-24), so wie sie den Dichter selbst aus ecl. 8 zitiert (o. Nr. 11), so
auch wieder diesen aus ecl. 10,1. «Extremum hunc, Arethusa, mihi
concede laborem» erscheint als Modell für «Nymphae,. .., Libethrides,
aut mihi carmen, / . . ., concedite». So wäre ecl. 7 nach ecl. 10 entstan-

9 Vgl. Poet. Refl., S. 35 und 145.
10 Vgl. a. O., S. 68.
 
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