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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0034
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Ernst A. Schmidt

«carmina» im Intercalaris des zweiten Liedes den «versus» des ersten
Sängers entspricht, also die einzelnen Strophen «carmina» sind. Dem-
nach wäre ecl. 8 «carmina», weil sie zwei Lieder oder weil sie (Lieder
mit) Strophen enthält3. In diesem Fall wäre der Auftrag Octavians wohl
zumal der gewesen, von Theokrit auch den städtischen Mimus, Idyll 2,
die Pharmakeutria4, in die Bukolik zu integrieren5, jenes Gedicht, das
dem Geschmack der Zeit offenbar nahestand, wie die Nachricht be-
legt, auch Catull habe eine entsprechende Dichtung verfaßt6. Sollte
3 Ähnlich, nach Cartault und Hubaux, Andree Richter, Virgile. La huitieme Buco-
lique. Texte etabli, traduit et commente. Bibliotheque de la Faculte des Lettres
de Lyon XX, Paris o. J. (= Diss. Strasbourg 1967), S. 135.
4 Das spezifische Interesse Octavians an dem alexandrinischen Mimus der Liebes-
zauberin mag man auch an der Art seiner Propaganda gegen Antonius und
Kleopatra vom Jahre 33 v. Chr. an erkennen (vgl. Ilse Becher, Das Bild der
Kleopatra in der griechischen und lateinischen Literatur, Berlin 1966, S. 25, 88).
Die Vorstellung, daß die ägyptische Königin den Römer durch Liebeszauber an
sich band, mag für Octavian auch im Jahre 35 schon aktuell gewesen sein. Anto-
nius war 37 v. Chr. zum letzten Mal im Westen gewesen (Tarent), hatte sich in-
zwischen offiziell mit der Ägypterin vermählt und bereits umfangreiche Gebiets-
schenkungen vorgenommen.
5 Nach W. Clausen, a. O., S. 201 mit Anm. 2 ist das Lied des Alphesiboeus (nach
id. 2) nicht nur früher als das Lied Dämons, sondern überhaupt ein früher Ver-
such. Er weist für diese Behauptung auf die Theokritnähe und die Verstechnik
hin. Das erste Argument ist als petitio principii nicht gültig (man vergleiche auch
die Theokritnähe von ecl. 10!); das zweite beruht auf einem Mißverständnis
der Untersuchungen von Nils-Ola Nilsson, Verschiedenheiten im Gebrauch
der Elision in Vergils Eklogen, Eranos 58 (1960), S. 80-91. Nilsson zieht aus der
Differenz der Elisionstechnik in den beiden Liedern in ecl. 8 deshalb keine chro-
nologischen Schlüsse, weil die Elisionstechnik im Lied des Alphesiboeus in der
Tat, wie er zeigt (S. 86 und 90), von der in ecl. 2 und 3 verschieden ist: a) grö-
ßere Frequenz im Lied des Alphesiboeus (55,3%) als in ecl. 2 (37%) und 3 (40%);
b) Verhältnis der Anzahl leichter zu schweren Elisionen (Elision kurzer gegen-
über Elision langer Vokale) im Alphesiboeuslied (16:3) verschieden von ecl. 2
(11:9) und 3 (17:15): während in den frühen Stücken die Zahl der schweren
Elisionen fast die der leichten erreicht, stellt sie im Lied des A. nur ein knappes
Fünftel dar. Nilsson sieht daher in der verschieden gehandhabten Elisionstech-
nik der beiden Lieder der achten Ekloge ein stilistisches Ausdruckselement für
ihren verschiedenen Charakter. Man vergleiche doch auch Nilssons Behandlung
der Differenzen in der Elisionstechnik bei ecl. 5,1-19 (Mopsus’ Verse von denen
des Menalcas stark verschieden) und, besonders wichtig angesichts der zeit-
lichen Nähe von ecl. 8 und 7, die Differenzen einmal zwischen den Versen des
Meliboeus in ecl. 7 und dem Wettgesang, zum andern zwischen den Versen
Corydons und des Thyrsis (a. O., S. 88 ff.). Vgl. auch V. Pöschl, Die Hirtendich-
tung Virgils, Heidelberg 1964, S. 149.
8 Plin., n. h. 28,19. - Zu der obigen Annahme fügt sich gut, daß Vergil in das Lied
 
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