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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0035
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Zur Chronologie der Eklogen Vergils

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«carmina» jedoch mehrere Gedichte meinen (vgl. ecl. 1,77; 3,86; 6,25;
Georg. IV 565), so hat Octavians Einfluß darin bestanden, Vergil zu
weiterer bukolischer Dichtung zu ermuntern oder gar zu einem her-
auszugebenden Corpus von zehn bukolischen Gedichten anzuregen,
und die Adresse in ecl. 8 ist gleichsam das Proömium zu der Octavian
überreichten Sondergruppe der drei Eklogen 8,10 und 77.
Eine sinnvolle literaturgeschichtliche Erklärung wird neben dem
äußeren Anstoß zur Wiederaufnahme bukolischen Dichtens auch das
zu umfassen haben, was solchem Anstoß als gestaltete Dichtung kor-
respondiert, wird dartun wollen, wie der Dichter den äußeren Anstoß
zur frei ergriffenen dichterischen Notwendigkeit verwandelt, oder
auch, welches dichterische Wollen und Müssen sich solchen Anstoß als
äußeres Kleid gegeben hat. Diesem wichtigen Aspekt will ich mich auf
dem Weg über Zitate, Wort- und Motivverbindungen nähern. Die
bisher behandelten Zitate erschöpften ja nicht den vorhandenen Be-
stand, sondern stellten jene kleine Auswahl an Beziehungen dar, die in
Ergänzung der festen Daten zur Aufstellung der relativen Chronologie
notwendig waren. So wurden also auch keine Anklänge zwischen ecl. 8
und 4 genannt, weil die Priorität von ecl. 4 durch absolute Datierung
ohnehin feststand.
In ecl. 8,7f., am Anfang der Adresse, heißt es: «en erit umquam / ille
dies, mihi cum liceat tua dicere facta?« Das ist Zitat von ecl. 4,53 f.:
«o mihi tum longae maneat pars ultima vitae, / spiritus et quantum
sat erit tua dicere facta.» Dies letztere war Vergils Vorgriff auf ein im
Alter zu schreibendes Epos, das jene heroischen Taten des dann zum
Manne gereiften puer besingen wird, welche die Verse 31-36 der vier-
ten Ekloge im Futur vorwegnehmen. In ecl. 8 wird daraus eine bloße
offenbleibende Frage, und es folgt ein bukolisches Gedicht, welches mit
dem Preis Octavians nichts zu tun hat.
Tamarisken («myricae») kommen nur in den vier zeitlich einander
folgenden Eklogen 6, 4, 8 und 10 vor, d. h. in den jeweils beiden Rand-
gedichten um das stumme Jahrfünft. Ecl. 6,10 mit dem Kontext der
der Zauberin einen Vers aus Varius, De morte übernommen hat (ecl. 8,88 -
Varius, fr. 4,6 Morel). In einem Gedicht für den Caesarerben eine indirekte Hul-
digung für Varius auszusprechen, heißt in veränderter Gestalt den Zusammen-
hang zwischen der Dichtung des Varius und Caesars Erben zu erneuern, den Ver-
gil in ecl. 9,35 ff. hergestellt hatte. Vgl. dazu Poesia e politica, S. 113 f.
7 Unter anderen Voraussetzungen analog (Erstausgabe Pollio gewidmet, Pre-edi-
tion an Pollio geschickt) Μ. Sonntag, Vergil als bukolischer Dichter, Leipzig
1891, S. 100 ff., J. Perret (ed.), Virgile, Les Bucoliques, Paris 1961, S. 87 (zu v. 12).

3 Schmidt, Zur Chronologie der Eklogen Vergils
 
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