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Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0014
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Heinz Götze

und erhellt. Es ist hier nicht der Ort, hierauf näher einzugehen,
umsoweniger als es E. Bertaux im wesentlichen darum ging, die
staufische Architektur in Süditalien als eine rein ,französische4
nachzuweisen mit ihren Wurzeln in Burgund und der Champagne.
Ohne das großartige Gesamtwerk E. Bertaux’ dadurch im min-
desten zu schmälern, darf doch gesagt werden, daß die in dieser
Hinsicht von ihm vertretene Auffassung kaum aufrecht erhalten
werden kann2. Sie gipfelte u. a. darin, daß nicht nur die zister-
ziensische Handwerkskunst, sondern der Grundriß von Castel del
Monte selbst und damit die Gesamtkonzeption dieses Bauwerkes
sich als rein französischen Ursprungs erweise. Er begründet dies
mit dem Hinweis darauf, daß man ihn aus den Grundrissen der
polygonalen Chorräume von St. Remy in Reims (um 1170/75) oder
Notre-Dame de Chälons-sur-Marne durch spiegelbildliche Ver-
doppelung leicht herleiten könnte. Wir werden sehen, daß der
Grundriß von Castel del Monte völlig anderen Ursprungs ist.
Was Bertaux überzeugend herausgearbeitet hat, ist die Herkunft
der zisterziensischen Bauhütten Unteritaliens aus den Kernge-
bieten der Frühgotik mit ihrer Technik der Kreuzrippengewölbe,
dem Typus ihrer Kapitelle und gewisser daraus sich ergebender
,innenarchitektonischer4 Formen. Es ist kein Zweifel, daß die Aus-
gestaltung Castel del Montes im Inneren und auch in bestimmten
Einzelheiten, etwa der Portalgestaltung, die Handschrift der zister-
ziensischen Bauhütten zeigt. Dies sagt aber nichts aus über den
Schöpfer der Gesamtkonzeption. Die originelle Grundrißgestal-
tung, die quadratische Grundform mit den vielfachen Symmetrien,
der mathematische Beziehungsreichtum und schließlich die Be-
tonung des Plastischen gründen anderwärts. Sie tragen den Stem-
pel des kaiserlichen Bauherrn, der aufgrund seines starken Interes-
2 Bertaux, a.a.O. S. 434. - Bertaux’ Argumentation aufgrund reinen Typenver-
gleichs der Arbeit der zisterziensischen Bauhütten und der mitteleuropäischen
Zentren der Gotik hat ihn zu der Schwierigkeit geführt, feststellen zu müssen,
daß stilistisch die Form der süditalienischen Kapitelle ein halbes Jahrhundert
hinter der „klassischen“ Entwicklung der Gotik nachhinkt. Das ist aber nicht
erstaunlich, wenn man einräumt, daß die Bauhütten mit Musterbüchern ar-
beiteten, die sie aus ihrer französischen Heimat mitgebracht hatten, ohne die
Weiterentwicklung in den künstlerischen Zentren der Gotik zu berücksichtigen. -
Bertaux selbst muß auch einräumen, daß die Dachgestaltung von Castel del
Monte nicht „französischer“ Tradition entspricht: “L’art dans l’Italie Meridio-
nale”, Bd. II, 743 f.
 
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