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Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0013
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Castel del Monte

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förmiger Gestalt sind mit einem quadratischen Mittelfeld, das von
den geläufigen zisterziensischen Kreuzrippengewölben überdeckt
wird. An jede der acht Außenecken des Zentralbaus schließen sich
achteckige Türme an, deren zwei nach dem Zentrum des Baus
gerichtete Seiten im Baukörper des großen Oktogons verschwin-
den. Es zeigen sich dem Blick nur sechs Seiten der achteckigen
Türme, wobei die auf das Oktogon stoßenden Turmwände senk-
recht zu ihnen stehen. In einem der acht Flügel ist das nach Osten
gerichtete Hauptportal angeordnet, das einem Triumphbogen
gleicht! Rechts und links führt je eine Freitreppe hinauf. Oben
schließt der Bau flach ab, und es ist heute nicht mehr auszumachen,
wie hoch die Ecktürme den Zentralbau überragt haben mochten.
Nach außen hin ist das Bauwerk klar und übersichtlich von unten
her gegliedert in eine Basiszone und einen aufstrebenden Teil, in
dem die Stockwerkstrennung durch einen den ganzen Bau umlau-
fenden Wulst angegeben wird. Dies erscheint als ein Vorgriff auf die
Renaissancebaukunst, die gleichfalls bei ihren Palästen die Stock-
werkstrennung in der Außenarchitektur markiert. Es belegt zu-
gleich das große plastische Verständnis der Schöpfer des Bauwer-
kes, die zwar keine lineare Flächenornamentik zuließen, wohl aber
den Baukörper als Ganzes in seinen einzelnen organisch geglieder-
ten Massen sichtbar machen wollten. Der Gesamtentwurf wird von
einem Grundakkord beherrscht: dem regelmäßigen achteckigen
Prisma, das in den gewaltigen Außenmauern des zentralen
Achteckbaus aufklingt, in der Form des Innenhofes wiederkehrt
und in den Ecktürmen in achtfacher Brechung aufgenommen wird.
Es sind zweimal je acht Spiegelsymmetrien und acht Rotations-
symmetrien vorhanden. Dazu kommen die für das ästhetische
Empfinden so eindrucksvollen homoiomorphen Symmetrien des
großen Kastelloktogons mit dem Oktogon des Hofes und den Okto-
gonen der Achtecktürme. Das Gesamtkonzept des Bauwerkes wird
von diesen Symmetriebeziehungen bestimmt, die auf dem regel-
mäßigen Achteck aufbauen.
E. Bertaux hat in Philippe Chinard den Architekten von Castel
del Monte erkennen wollen1 und dessen Genealogie untersucht
1 Emile Bertaux, Castel del Monte et les architects francais de l’empereur Fre-
deric II, in: Comptes-rendus des seances de L’Academie des Inscriptions et
Beiles Lettres, Paris, Aug. 1897, S. 432 ff. - Philippe de Chinard war ein Zypriote
im Dienste Friedrichs II.
 
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