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Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0024
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Heinz Götze

lichkeit der arabischen Architektur und der ihr zugrundeliegenden
Denkweise: Sie ist nicht räumlich noch plastisch orientiert, sondern
denkt in der Fläche, wie die prachtvolle und geistreiche islamische
Ornamentkunst in so vielfältiger Weise belegt. Der Sinn für das
Dekorative in der Fläche feiert Triumphe mit kunstvoll entwor-
fenen symmetrischen Flächenfiguren, die auf mathematischen
Überlegungen beruhen, die keineswegs trivial sind. Die zweite
Kuppel in Cordoba (Abb. 4) ist fast noch interessanter. Auch dort
beeindrucken die kräftigen Rippen, die das Gewölbe tragen. Im
Zentrum erkennt man die beiden um 45° gegeneinander gedrehten
Quadrate. Es sind aber nicht die acht Quadratecken, die auf den
Eckpfeilern ruhen. Es sind vielmehr die Verlängerungen der acht
Quadratseiten, die sich in einem weiter gezogenen Kreise schnei-
den und im ganzen einen Achtstern bilden. Eine ähnliche Figur
kommt in der Kuppel der Bib Mardun-Moschee in Toledo (990) vor
- ebenfalls mit kraftvollen Rippen, die sich hier allerdings nicht auf
die Ecken des zugrundeliegenden Achtecks stützen, sondern auf
die Mitten der Architrave, die die Ecken des Oktogons miteinander
verbinden. Eine etwas verspielte polychrome Weiterführung dieser
Kuppelstruktur sehen wir in einem Mausoleum des Abu Said in
Mechne (Abb. 5) aus dem Anfang des XIV. Jahrhunderts18, wo
gleichfalls aus den über Eck gestellten Quadraten der Achtstern
entwickelt und dekorativ weitergeführt wird.
Der Achtstern und seine symbolische Bedeutung
Am Beispiel Cordoba konnte die Entwicklung des Achtsterns aus
dem Achteck gezeigt werden. Er ist eine Figur voller Symbolkraft,
des stereometrischen Körpers dieser Kirche auf ebener Erde aufzeichnen (ritzen)
konnte. Mit den stereometrischen Körpern können nur die Raumkörper gemeint
sein - nicht ein Modell die zweidimensional auf dem Baugrund aufgerissen
werden mußten. Die gewölbten Gurte der beiden stereometrischen Kuppel-
räume von Cordoba zum Beispiel wurden zunächst linear als zwei um 45° gegen-
einander gedrehte Quadrate bzw. als regelmäßiger Achtstern aufgerissen und erst
von dort im Zuge des Aufbaus in den stereometrischen Raum der Kuppel proji-
ziert. Vgl. Argyros Petronotis, Bauritzlinien und andere Aufschnürungen am
Unterbau griechischer Bauwerke in der Archaik und Klassik, S. 33, Anm. 111.
Solche Techniken haben sich über die Jahrhunderte erhalten. Vgl. hierzu allge-
mein ebenfalls A. Petronotis, a.a.O. S. 7 f.
18 G. A. Pugatschenkova, Entwicklungsgeschichte der Architektur des südlichen
Turkmenistan im Feudalzeitalter (russisch), Moskau 1958 Abb. auf S. 363.
 
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