Metadaten

Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0035
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Castel del Monte

33

Gruppierung bildeten im Sinne von Basilika und Anastasis. Man-
ches deutet daraufhin - etwa die gegenüber den anderen drei Por-
talen aufwendiger gebildete Vorhalle im Westen des Doms gegen-
über der Moschee und die Verwandtschaft der Mosaikverkleidung
im Inneren beider Heiligtümer, die in der Moschee allerdings erst
aus dem XI. Jhdt. stammt27. Es ist das früheste islamische Heilig-
tum in der Gestalt reifer byzantinischer Architektur, dessen
Großartigkeit und harmonische Maßverhältnisse mit Recht immer
wieder gepriesen worden sind.
Wir können hier nicht auf eine Beschreibung dieses Bauwerkes
im einzelnen eingehen, im Zusammenhang mit unseren bisherigen
Betrachtungen jedoch feststellen, daß Kreis und Oktogon eine be-
herrschende Rolle spielen. Darüber hinaus hat K. A. C. Creswell,
zurückgehend auf eine Beobachtung von Mauss28, auf die ver-
schiedenen Beziehungen und Maßverhältnisse zwischen dem
kreisrunden Zentralbau, der die Kuppel trägt und den beiden
Umgängen aufmerksam gemacht (Abb. 14). Die vier Pfeiler des
Zentralbaus, zwischen denen je drei Säulen stehen, markieren die
Ecken eines Quadrates, das von einem um 45° gedrehten weiteren
Quadrat überschnitten wird, dessen Seitenverlängerungen die acht
Pfeiler des inneren Umganges treffen. Diese acht Pfeiler wiederum
stehen in den Schnittpunkten von zwei größeren Quadraten, die
gleichfalls wieder um 45° gegeneinander gedreht sind. Was Cres-
well merkwürdigerweise nicht gesehen zu haben scheint, ist die
Tatsache, daß wir hier den Achtstern in voller Ausbildung vorfin-
den. Das Erstaunen wird noch größer, wenn wir die Beobachtungen
des französischen Architekten Michel Ecochard29 kennenlernen,
denen zufolge nicht nur die Maßverhältnisse, sondern auch die
absoluten Maße der zugrundeliegenden Meßfiguren übereinstim-
men mit den Grundrissen von San Vitale in Ravenna (540 n. Chr.),
der Kathedrale von Bosra (512/13) und St. Symeon in Qal’at Sem’an
(Ende 5. Jhdt.). Ecochard beschreibt eine große Anzahl weiterer
Kirchen und Kathedralen - hauptsächlich im byzantinischen Be-
reich -, deren Maße mit den soeben beschriebenen Bauten iden-
tisch sind oder die Hälfte davon ausmachen. Daraus kann geschlos-
27 K. Brisch, in: Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. 4, Berlin, 1973, und R. Hillen-
brand, ebda. S. 154.
28 Revue Archeologique, 3 ieme Serie, T. XII, pp. 14-23.
29 Alexandre Papadopoulo, a.a.O., S. 239 f.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften