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Götze, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 2. Abhandlung): Castel del Monte: Gestalt, Herkunft u. Bedeutung; vorgetragen am 14. Jan. 1984 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47813#0051
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Castel del Monte

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Foggia lag in unmittelbarer Nähe; die Kastellkette der adriatischen
Küste schützte die Landschaft. Sein reich ausgestatteter Lieblings-
sitz Lucera mit der Garnison seiner sarazenischen Leibwache -
alles war in kurzen Tagesritten erreichbar.
Friedrich II. hat dem nördlichen Teil seines Königreiches stets
besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Hier stand er dem Kirchen-
staat unmittelbar gegenüber - parallel zum Capuaner Brückentor,
das nicht nur den Eintretenden mahnend begrüßte, sondern damit
zugleich auch als Warnung nach außen zu verstehen war. Von hier
aus erreichte er am schnellsten Norditalien oder noch weiter nörd-
lich gelegene Plätze seines Reiches! Der Ort von Santa Maria
del Monte, den Friedrich II. selbst ausgewählt hatte, war gut ge-
wählt für ein ,politisches‘ Monument, das nach Größe, Konzeption
und Reichtum der Ausstattung - damit auch finanziellem Aufwand
- nicht seinesgleichen unter den Bauten seiner Zeit hatte. Die
Räume sind für Repräsentation geschaffen. Der herausgehobene
und selbst bei reicherer Bewaldung weithin sichtbare Platz auf
einem flachen Landschaftskegel - alles spricht für die Bedeutung
des Ortes vom Anbeginn des ersten persönlichen Schreibens aus
Gubbio. Die letzten zehn Lebensjahre des Kaisers, in denen der
Bau ausgeführt wurde, waren von Rückschlägen schwer belastet
und brachten ihm politische und menschliche Enttäuschungen.
Dies mag der Grund dafür sein, daß aus diesem letzten Jahrzehnt
wenig über die Fertigstellung des Baues und seine Benutzung
bekannt wurde.
Was uns geblieben ist, ist ein architektonisches Meisterwerk
ungewöhnlicher Genialität und Einmaligkeit in der Geschichte der
Baukunst, in dem sich Mathematik, bautechnisches Können und
plastischer Sinn des Baumeisters zu harmonischer Einheit verban-
den. Es wurde geschaffen nach erstaunlich kurzem Anlauf auf
einen einzigartigen Höhepunkt mittelalterlicher Architektur.
Was die umstrittene Zweckbestimmung des Bauwerkes betrifft,
so sprechen die streng geometrische Gestalt und die bis dahin
Sakralbauten vorbehaltene Grundrißfigur des Achtsterns weder für
einen Wehrbau, dem auch die reiche Innenausstattung widerspre-
chen würde, noch für ein Jagdschloß, deren Grundrißgestalt - so-
weit wir sie kennen - eine konventionellere Konzeption erkennen
lassen.
Wohl aber ist der symbolträchtige Gesamtentwurf - ebenso wie
die ungewöhnlich reiche Innenausstattung - mit einer politisch-
 
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