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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 3. Abhandlung): Zeit und Geschichte bei Augustin: vorgetragen am 14. Juli 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47817#0044
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Ernst A. Schmidt

schon die ersten Sätze der Bekenntnisse neuplatonisch gelesen und die
Sterblichkeit des Menschen als Folge des Stolzes interpretiert hat, der
die Seele in die Sinnenwelt fallen ließ) auch unumwunden heran:
“Restless and ‘unquiet’, our soul plunged rather into the ‘delight’ of
this embodied existence; but having found no rest, its restlessness now
is salutary, makes it a ‘seeker’ after that Sabbath ‘rest’ [,..].”69
Kann man es angesichts der augustinischen Bekenntnisse für mög-
lich halten, daß ihr Verfasser, der zugleich ihr Gegenstand ist, glaubte,
ein Individuum vermöge selbst seiner Lebensgeschichte Einheit und
Richtung zu geben70? Mit beliebig vielen Sachparallelen71 und ebenso
mit Belegen zu nicht-finalem “donec” mit Konjunktiv in den Confes-
siones72 läßt sich nachweisen, daß der “donec”-Satz nicht final und die

69 O’Connell, St. A.’s Confessions, S. 37. O’Connell ist in solcher Auslegung des Pro-
ömiums der Bekenntnisse seinem Grundanliegen (wie dem früherer Arbeiten)
treu, die ,fundamentale Matrix‘ des augustinischen Denkens in den Confessiones
als „far more [... ] Plotinian than heretofore [... ] acknowledged“ zu erweisen, ins-
bes. in der Betrachtung des Menschen als gefallener Seele1 (S. VII). Damit werden
Courcelles Erkenntnisse outriert. Auch die Zeitabhandlung Augustins verliert in
O’Connell’s Interpretation als reiner (nämlich nur obenhin modifizierter) Plotinia-
nismus ihr Eigeninteresse, da sie gleichsam zur Abschrift eines erhaltenen Origi-
nals geworden ist.
70 Richtig hierzu Flasch, Augustin, S. 257-259.
71 Vgl. z.B. conf. 6,11,20: „cum [... ] alternabant hi venti et inpellebant huc atque illuc
cor meum, transibant tempora, et tardabam converti ad dominum [... ]“; conf. 6,16,
26: „versa et reversa (sc. anima) in tergum et in latera et in ventrem, et dura sunt
omnia, et tu solus requies“. De mus. 6,39 (PL 32, col. 1184): „amor [... ] agendi [... ]
avertit animam a contemplatione aeternorum, [... ] avertit etiam amor de corpori-
bus operandi et inquietam facit“.
72 Leumann-Hofmann-Scantyr, Lat. Syntax und Stilistik (Hdb. d. Alt.-Wiss. II 2.2), S.
629: „[...] im Spätlatein tritt der Konjunktiv (sc. nach „donec“) ohne ersichtlichen
Grund ein (sc. ohne finalen Sinn); bei manchen Autoren ist ausschließlich der
Konj. in Gebrauch [... ] oder er wird vorgezogen“, so bei Augustin (unter Hinweis
auf R. M. Arts, The Syntax of the Confessions of St. Augustine, Diss. Washington
1927, S. 101; mir nicht zugänglich); vgl. auch S. 654f. zum Konjunktiv nach „quoad“
und „quousque“ im Spätlateinischen „auch ohne finale Nebenbedeutung“. Bei-
spiele für „donec“ c. coni. ohne finalen Sinn (Auswahl nur solcher Sätze, die zu-
gleich Sachparallelen darstellen): conf. 6, 12, 22: „sic eramus, donec tu [...] sub-
venires“; conf. 11, 9, 11: „infirmatus est in egestate vigor meus, [...], donec tu,
domine, [... ] sanes omnes languores meos“; conf. 11, 22, 28: „da, pater, [...], da,
quoniam suscepi cognoscere et labor est ante me donec aperias“; conf. 10, 5, 7:
„quod de me nescio, tamdiu nescio, donec fiant tenebrae meae sicut meridies in
vultu tuo“.
 
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