Zeit und Geschichte bei Augustin
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eher die Ketzergeschichte entscheidend befeuert hat. Und zwar wegen
des scharf eschatologischen Akzents, der ihm [... ] trotz der angegebe-
nen Ablehnung jeder Geschichtsproduktion (in Ansehung des Gottes-
reichs) eignet. [... ] Auf dem Weg dahin (sc. zur Sabbatruhe in Gott)
bleibt [... ] Augustin der bis zu Leibniz größte Entdecker der objekti-
ven Zeitfunktion: und zwar als einer der Welt selber, [...]. Denn
Augustin pointierte schließlich [... ] nichts Geringeres als die (den Pro-
zeß) ermöglichende Mutabilität der Welt“™ (S. 1002f.).
Ich stelle jetzt die wichtigsten Gedankenmotive Blochs zusammen,
teils kommentierend, teils auf die folgenden Kapitel verweisend, teils
die ausführlichere Behandlung in ihnen exponierend.
(1) „Civitas Dei“ als „Idealstaat“ (S. 588) und „Staatsutopie“. „Staats-
utopie erscheint erstmalig als Geschichte, ja erzeugt sie, Geschichte
entsteht als Heilsgeschichte zum Reich hin“ (S. 585). Auf die Bedeu-
tung von „civitas“ gehe ich in Kap. 2 (1) ein; hier merke ich nur an:
diese Blochsche Lesung Augustins mit „gregorianischem Gefälle“18 19,
die sich an der Wirkung auf die Papstkirche (Gregor) und die christli-
chen Kaiser (Karl der Große) orientiert, statt die revolutionäre Ketzer-
geschichte, also Blochs eigene Blickrichtung, zum Korrektiv zu neh-
men, ist insbes. Edgar Salin, Civitas Dei, Tübingen 1926 verdankt. Der
von Bloch als „besonders schmieriger Faschist“20 eingeordnete Salin
läßt die Geschichte der „Idee des christlichen Staates“ (von Jesus an) in
Augustin gipfeln und betrachtet „Staatsgründung“ als letzte Absicht
von „De civitate Dei“, eines Unternehmens, das er als „theologische
Politik“ versteht21.
(2) Die Diesseitigkeit und Innergeschichtlichkeit der augustinischen
Staatsutopie.
(a) Edgar Salin, Civitas Dei, S. 179 schaltet der Jenseitsutopie eine
Diesseitsutopie mit dieser Argumentation vor: „Und dennoch ist Civi-
tas Dei nicht das Reich, dessen Kommen das Vaterunser inbrünstig
erfleht. Dies Reich heißt regnum, das Königtum Gottes, das Königtum
18 Dieser letzte Satz (und überhaupt S. 1003 f.) offenbar nach Verwiebe, Welt u. Zeit
bei A. Vgl. bes. S. 18f.; S. 31 („Wesen der Mutabilität“); S. 81-83 („Mutabilität“ und
„Zeitrichtung des Veränderungsprozesses“).
19 Eine Formulierung von Campenhausens; vgl. Augustin, S. 202.
20 Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 543 (Kontext: Malthuismus bei Salin „georgisch ver-
edelt“).
21 Salin, Civitas Dei, S. 174.
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eher die Ketzergeschichte entscheidend befeuert hat. Und zwar wegen
des scharf eschatologischen Akzents, der ihm [... ] trotz der angegebe-
nen Ablehnung jeder Geschichtsproduktion (in Ansehung des Gottes-
reichs) eignet. [... ] Auf dem Weg dahin (sc. zur Sabbatruhe in Gott)
bleibt [... ] Augustin der bis zu Leibniz größte Entdecker der objekti-
ven Zeitfunktion: und zwar als einer der Welt selber, [...]. Denn
Augustin pointierte schließlich [... ] nichts Geringeres als die (den Pro-
zeß) ermöglichende Mutabilität der Welt“™ (S. 1002f.).
Ich stelle jetzt die wichtigsten Gedankenmotive Blochs zusammen,
teils kommentierend, teils auf die folgenden Kapitel verweisend, teils
die ausführlichere Behandlung in ihnen exponierend.
(1) „Civitas Dei“ als „Idealstaat“ (S. 588) und „Staatsutopie“. „Staats-
utopie erscheint erstmalig als Geschichte, ja erzeugt sie, Geschichte
entsteht als Heilsgeschichte zum Reich hin“ (S. 585). Auf die Bedeu-
tung von „civitas“ gehe ich in Kap. 2 (1) ein; hier merke ich nur an:
diese Blochsche Lesung Augustins mit „gregorianischem Gefälle“18 19,
die sich an der Wirkung auf die Papstkirche (Gregor) und die christli-
chen Kaiser (Karl der Große) orientiert, statt die revolutionäre Ketzer-
geschichte, also Blochs eigene Blickrichtung, zum Korrektiv zu neh-
men, ist insbes. Edgar Salin, Civitas Dei, Tübingen 1926 verdankt. Der
von Bloch als „besonders schmieriger Faschist“20 eingeordnete Salin
läßt die Geschichte der „Idee des christlichen Staates“ (von Jesus an) in
Augustin gipfeln und betrachtet „Staatsgründung“ als letzte Absicht
von „De civitate Dei“, eines Unternehmens, das er als „theologische
Politik“ versteht21.
(2) Die Diesseitigkeit und Innergeschichtlichkeit der augustinischen
Staatsutopie.
(a) Edgar Salin, Civitas Dei, S. 179 schaltet der Jenseitsutopie eine
Diesseitsutopie mit dieser Argumentation vor: „Und dennoch ist Civi-
tas Dei nicht das Reich, dessen Kommen das Vaterunser inbrünstig
erfleht. Dies Reich heißt regnum, das Königtum Gottes, das Königtum
18 Dieser letzte Satz (und überhaupt S. 1003 f.) offenbar nach Verwiebe, Welt u. Zeit
bei A. Vgl. bes. S. 18f.; S. 31 („Wesen der Mutabilität“); S. 81-83 („Mutabilität“ und
„Zeitrichtung des Veränderungsprozesses“).
19 Eine Formulierung von Campenhausens; vgl. Augustin, S. 202.
20 Bloch, Prinzip Hoffnung, S. 543 (Kontext: Malthuismus bei Salin „georgisch ver-
edelt“).
21 Salin, Civitas Dei, S. 174.