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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 3. Abhandlung): Zeit und Geschichte bei Augustin: vorgetragen am 14. Juli 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47817#0101
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Zeit und Geschichte bei Augustin

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XVIII von „De civitate Dei“ daraufhin zu befragen, welche Funktion
dieses altkirchliche Lehrstück für die Strukturierung und Deutung des
„procursus“ der zwei „civitates“ erhalten hat.
Für den Aufbau der genannten vier Bücher ergibt sich das Fol-
gende nach Augustins eigenen redaktionellen Angaben und dem
Textbefund der einzelnen Bücher selbst: Das erste (civ. 15) führt den
„procursus“ der beiden „civitates“ von Adam bis zur Sintflut, ent-
spricht also dem ersten der sechs Weltalter; Augustin stellt eben dies
auch ausdrücklich in civ. 16,43 (wo er die „prima aetas“ auch „infantia“
nennt) und 18,1 fest. Das nächste Buch (civ. 16) fuhrt von der Sintflut
bis zu David, umfaßt also das zweite und das dritte Zeitalter; auch dies
wird explizit in 16,43 (mitsamt den Benennungen „pueritia“ und „adu-
lescentia“) vermerkt. Die (im Epochenschema gegebene) Binnenzäsur
Abraham innerhalb dieses Buches wird nach Augustins redaktionel-
lem Hinweis in civ. 18,1 insofern wirksam, als die Darstellung, wie von
Adam zur Sintflut (in civ. 15), so von dort bis zu Abraham nebeneinan-
der den Lauf der beiden „civitates“ behandelt, von Abraham an sich
aber nur der Gottesstadt zuwendet. Das dritte der vier Bücher (civ. 17)
behandelt den „procursus“ der Gottesstadt von David bis zu Christus;
diesen Textbefund bestätigt Augustin auch selbst in civ. 18,1, während
er in civ. 17,1 als Programm nur nannte „ab eodem regno (sc. David)
[...] cetera quae sequuntur“ zu behandeln, und in civ. 16,43 den
„articulus“, den David bildet, als ein „exordium quodam modo iuven-
tutis populi Dei“ bezeichnete. Der umfaßte Zeitraum ist der des vier-
ten und fünften Zeitalters. Aber Augustin bezeichnet den Gegenstand
des Buches keinmal in dieser Weise. Die Epochengrenze der Babylo-
nischen Gefangenschaft (nämlich deren Ende) beschließt das Zeitalter
der Propheten (civ. 17,1; 17,24). Die Lebensalterbezeichnung „gravi-
tas“ (für die Epoche vom Exil bis zu Christus) fehlt in „De civitate
Dei“.
Das letzte der vier Bücher (civ. 18) verfolgt - so das Programm in
civ. 18,1 - den Lauf der „civitas terrena“ von Abraham, d. h. von dem
Zeitpunkt an, von dem Augustin in civ. 16 nur den „procursus“ der
Gottesstadt behandelt hatte. Das Buch besteht zunächst weithin aus
Synchronismen zwischen Figuren der Geschichte Israels und Herr-
schern der großen Reiche vom Assyrer- bis zum Römerreich und ist
zumal an der Chronik des Eusebios in der lateinischen Übersetzung
und Bearbeitung des Hieronymus orientiert. Diese Chronik beginnt
mit Abrahams Geburt. Nachdem Augustin die christliche Zeit und
seine eigene Gegenwart erreicht hat, führt er die Betrachtung insofern
 
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