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4. BRIEF BUCERS AN LANDGRAF PHILIPP VON HESSEN

vnd grewlich verdammet, wie die Canones vnd leges mit dem Gottes wort diese leut
verdammen, sie werden dennoch in jnen selb schamrott vnd kleinlauts. Dann Gott
seinem wort vnd gericht auch mit wurcket.
Diß ist auch der vrsachen eine, darumb vns für nottwendig angesehen, das dise
leut nit allein irer schweren verkerung anzuklagen seyen, sonder das man auch zmit 5
allem ernst vff besserung derselbigen tringen solte, wie dann auchz vns allen dises
so erschrecklichs kirchen verderben zum hochsten angelegen vnd bekummerlich
sein solle.
Ob dann der keyser vns damit gohn Trient (welches Concilium doch schon wider
vffgeschoben sein solle)1 weysen wolte, hetten wir im allemal die verheyssung eins io
freyen Christlichen Concily fürzuwerffen, welcherley das Trientisch ie nit ist.2
Legte er vns dann aber ein flickwerck für, so haben wir auch daß liecht vnd vrteyl
Christi zu I y8v I sehen vnd zuwiderlegen, was nit gantz vnd satt Christlich ist; Bey
dem vns der liebe Gott auch wol, wie bißher, erhalten würdt, wenn der teufel vnd
sein gesind noch so listig vnd trotzlich weren.3 i5
Das aber bey dem keyser nit zuuerhoffen, das er etwaß expresse zulassen werde,
des dem Papst vnd Hispanniern nit gemeint4 - darinn wirs mit V. L. Praeceptoren
auch einig sind - So wurden doch er vnd seine Bischoue, durch dises stattliches vnd
so clar rechtmessiges, auch der rechten, die er noch last recht sein, anhalten, dennoch
etwaß matt gemacht vnd dahin geneygter, wenn es ie nit besser sein könde, das siea 20
vns denn ein bestendigern eusseren friden geben.
Daneben wurden auch andere Stende dadurch meer zu vns bewegt werden. War-
heyt vnd recht, wol an tag bracht5 vnd in die hertzen getrieben, ist wundermechtig,
fürnemlich wol bey den kinderen der warheyt, aber doch richtets fil auß auch im
brechen des trotzs der feinden Gottes. 25
Etwas in Christlicher lehre vnd rechtem geprauch der Sacramenten zu ende-

z)—z) am Rand von anderer Hand erg.
a) korr. aus: er (?).

1. Ein Generalkonzil war von den Päpsten immer wieder aufgeschoben worden. Erst am 15.
März 1545 berief Papst Paul III. das Konzil von Trient ein. Es wurde am 15. Dezember 1545 eröff-
net und tagte mit Unterbrechungen bis zum Jahre 1563. LThK2 10, Sp. 342-352; RGG4 6, Sp. 588-
592; Jedin, Geschichte des Konzils von Trient I—IV (mit umfassenden Literaturverzeichnissen).
2. Zu Bucers Stellung vgl. DruffeJ Kaiser Karl V. und die Römische Curie 1544-1546. Zweite
Abtheilung: Von der Berufung des Trienter Concils bis zum Wormser Reichstagsabschied, v. a. S. 5 —
6; Brockmann, Die Konzilsfrage m den Flug- und Streitschnften des deutschen Sprachraumes
1518—1563, S. 342—344. Bucer äußert sich auch in anderen Werken zur Frage eines Generalkonzils,
insbesondere 1545 in >De concilio<, Bl. r4a-r4b (BDS 15,1m Druck) und 1m Gutachten zur Rekusa-
tion des Konzils vom 30. Mai 1545 (BDS 15, im Druck), aber zum Beispiel auch im Frühjahr 1545 in
>Wie leichtund füglich<, S. lxxxviij-xcj (BDS 11,2,5.413—415), 1m Frühsommer 1545 in>Von einigen
rechten wegen und mitlen<, S. 39-40 (BDS 11,2, S. 283,17-284,18) und in >Christliche Erinnerung<,
S.lxvj, lxxvij-xc und clxviij (Edition m diesem Bd., S.227—336).
3. Vgl. CR V, Sp.644-645 (Nr.3116).
4. Vgl. CRV,Sp.645-646 (Nr.3ii6).
5. Vgl. I Kor 4,5.
 
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