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5. EIN CHRISTLICHE ERINNERUNG

Wie die alten
Bischoue zu Rom
auff andere kir-
chenn gesehen.

sie sich der gantzen allgemeinen kirchen Bischoue schreiben, Auß welchen
erdichten, falschen Epistolen die Papst vnd jre schmeichler allen schein jres so
gar vnuerschemten furgebens allein nemmen, \jx/Dja \ das sie über alle Bi-
schoue vnd kirchen seyen vnd die gantze Religion Christi allein in jren hen-
den stohn solle. 5
Weil aber ein yeder Bischoue, ja ein jeder Christ, wen er kan besseren solle
nach seinem besten vermogen, vnd die alten, frommen Bischoue zü Rom et-
was mehr ansehen vnd vermogen gehapt im geystlichem thün vnnd hernaher
mit der zeytt auch von den kirchen mehr befelh empfangen, so haben sie wol
desto mehr auff die kirchenn vnd Bischoue sehen vnnd bey einem yeden, so 10
vil sie gemocht, anhalten sollen, das ein yeder seines ampts trawlich außwar-
tete1. Daher ist kommen, das sie angefangen, vilen Bischouen züschreiben,
jrthumb vnd manglen, die in den kirchen einreissen wolten, zü begegnen, vnd
also reformation allenthalben zü fordern, wie man das in den waren Epistolen
Leonis2, Gregorii3 vnnd anderer frommer Papst zü sehen hatt. 15
So ferre sind aber die alten, frommen Papst daruon gewesen, das sie jnen4
diß auffsehen vnnd besseren der kirchen hetten allein angemasset vnd für
vnbillich geachtet, das sich des auch andere Bischoue vnd Konige hetten an-
nemmen wollen, das sie beyde Bischoue vnd Konig sampt andren Obren hie
zü ermanet vnnd auch sich selb sollcher vrteyl vnd reformation vnderworffen 20
haben. I x / D j b I
Auß disem, wiewol auffs kürtzist angeregt (das ich mich aber erbiete, alles
weyter vnd gruntlich darzüthün, vor vnd gegen meniglich, da man gepürende
Christliche verhore geben wille), haben E. Keis. vnd Kon. Maiestaten wol zü
erkennen: Erstlich, das das jenige, so der Papst vnnd die seinen als den grundt 25
jres fürgebens, das die Religion sachen im, dem Papst, allein zü verwalten vnd
zü reformieren züstohn sollen, legen, gantz erdicht vnd falsch ist, Nemlich,
das er solte der gantzen allgemeinen kirchen allgemeiner Bischoue sein, also,
das zü jm allein alles vrtheil der Religion stohn vnd das alle andere Bischoue,
Konig vnnd Obren Christliche Reformation one sein gehelle5 fürzünemmen 30
nit füg noch macht haben sollten.
Züm andern auch, das das die ware gottliche ordnung, Christliche Refor-
mation fürzünemmen, wie vnß die der Herre selb vnd die Apostolische tradi-
tion gepotten vnd dargeben hat, ist, das ein jeder Christ, ein jede kirch vnd je-
des land vor sich als bald reformieren vnnd besseren solle, was sich yemals 35
bey yedem zü reformieren vnd zü besseren erfindet vnd nit erst auff den Papst
vnd grosse Concilia damit warten oder harren.

1. obläge, sc. obliege. Frühneuhochdt. WB 2, Sp. 1507.
2. Leo I. der Große, geb. um 400, gest. 461, Papst 440-461. TRE 20, S. 737-741.
3. Gregor I. der Große, geb. um 540, gest. 604, Papst 590-604. TRE 14, S. 135-145.
4. sich.
5. Einvernehmen, Einverständms, Zustimmung, Bewilhgung. Friihneuhochdt. WB 6/2,
Sp.565.
 
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