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5. EIN CHRISTLICHE ERINNERUNG

Constantinus hatt
ein gantz Concili
mit Bischoucn1 für
sich citieret.

Darzu, wann dise wort, wie sie Rufinus1 im büchstaben dargibt2, gelten
solten, so wurden sie auch dem Papsthumb nit leidlich sein. Dann Constanti-
nus hat erzelete wort nit züm Papst zü Rom, sonder zü anderen Bischouen
geredt. Solte nun die Gott allein vnnd am jüngsten tag vnnd mitler zeit kein
mensch richten, So hette doch auch der Papst keinen Bischoue zü richten. Wo
blibe jm dann die universalis, allgemeine Jurisdiction über alle Bischoue? Der
Keiser Constantinus hat ja die gezenck der Bischouen, die sein gericht ange-
rüffet, nit an das Consistorium gon Rom, sonder an das jüngst gericht Gottes
gewisen.
So hatt auch diser Keiser seine ordenliche Jurisdiction über alle Bischoue
im gepietenn, zün Concilien zü kommen, den rechten Glauben zü lehren, die
ongehorsamen in dem zü straffen vnd in allem anderen, das vnder das
menschlich gericht gehoren mage, behalten vnd geübet.
Alls etwan vil Bischoue, zü Tyro3 in Concilio auß seinem geheiß versam-
let, wider den Athanasium4 onordenlich vnd gewaltiglich gehandlet vnd er,
der Athanasius, solichs dem Keyser geklaget vnd jn vmb verhore vnnd recht
gegen den selbigen Bischouen, die zü Tyro versamlet waren, gebetten, hat er,
der Keyser, den selbigenn I Ixxiij / M j a I Bischouen, die zü Tyro im Concilio
versamlet gewesen, mit ernst gepotten, das sie alle eylend zü jm gon Constan-
tinopel kommen vnnd daselbet sich vor jm alls dem eignen diener Gottes hie-
zü verordnet jres gerichts vnd handlung wider den Athanasium verantworten
sollten mit betrawung5, das er alle die, so vnder dem deckel des heiligen nam-
mens allerlei lesterung einbrechten, zerstrewen, zerknirschen vnd gentzlich
außrotten wollte. Haec ille lib. Tripart. Historiae, cap. vij.6
Auß diser, des Constantini selb schrifft vnd handlung sihet ein jeder wol,
das er nit alle, die so allein Bischoue heissen oder auch diß ampt noch tragen,
hatt seiner Jurisdiction befreien wollen. Darumb leicht ein jeder Christ zü
verstohn hatt, das diser Keyser sein vorige rede, zü den Vattern im Concilio
Niceno gethan, nit von allerley sachen vnd fellen, sonder allein von den gerin-
geren taglichen mangelen verstanden hatt, wellche die Christen einander ver-
zeihen vnnd vor keinen menschlichen gerichten rechtfertigen sollen. Dann
die klagen, so die Bischoue daselbet gegen einander fürten, waren nur von ge-
ringen eignen sachen, durch die die gemeine glaubens sachen nit solten ver-
hindert werden. Darumb sie der Keyser vatterlich vermanet, das sie soliche jre
onnotigen klagen ein ander ongerichtet nachgeben vnnd I Ixxiiij / M j b \ ver-
zeihen wollten, verbrandt derhalben jre klaggschrifften.7 Vnnd damit er jnen

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f) Drf. Bischonen.

1. Rufinus von Aquileia, um 345-407, Theologe. TRE 29, S. 460-464.
2. S. oben S. 277, Anm. 4.
3. Synode von Tyros im Jahr 335.
4. Athanasius wurde an der Synode von Tyros 335 als Bischof von Alexandria abgesetzt.
5. Drohung. Frühneuhochdt. WB 3, Sp.424.
6. Cassiodor, Historia ecclesiastica tnpartita III,7 (PL 69, Sp.952—953).
7. S. unten S. 279,11.
 
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