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5- EIN CHRISTLICHE ERINNERUNG

3°9

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gantzen volcks, das Priscus1, sein eigner Dochtermann2, weil er seins lebens
vor jm nit sicher ware, sein Marschalck Heracleon3 vnd des selbigen sone
Heraclius4 darumb, das I cxxvj / S iij b I er das Reich so verderbete, wider jn
zusamen schwuren. Vnd als Heraclius mit hilff Prisci ein schiffsiege wider jn
im port Sophio5 erlanget, verliessen jn die seinen alle, das Photius6, einer
vom Adel zü Constantinopel, dem er auch sein weib mit gewalt geschendet,
mit einem kleinen kriegsuolck jn in seinem keyserlichen saal überfiele, ab dem
keyserlichen stül risse, jm sein purpur abzoge vnd mit einem klag kleyd be-
kleydete vnd also gebunden dem Heraclio übergabe; Demnach man jm erst-
lich hende vnd füss vnd sein mennlichs glid von wegen seins weiberschendens
vnd dann auch sein haupt abgehawen vnd den stumpff verbrennet hatt.8
Sollchen lohn hatt der liebe Gott disem tyrannen gegeben darumb, das er sei-
nem lieben Sone einen statthalter auß dem Papst, ja ein widerchristen vnnd
trotzlichsten feind seiner Gottlichen Maiestat, gemachet hatt.
Der Papst wille auß dem, das es ettlichen Keysern, die sich seinen vorfaren
entgegen gesetzet, zeittlich nit wol ergangen seie, beweren, wie onrecht sein
solle, on jn Concilien halten vnd Christlich reformation süchen. Warumb
schleusset er dann nit auch auß diser so über erschrocklichen rache Gottes am
tyrannen Phoca, dem schepffer Papstlicher hocheyt, das vor Gott der aller
grewlichste grewel seie, den Papst also über alle kirchen vnnd or- I cxxvij /
S iiij a I denlichen gewalt erhohen vnd an die statt Christi setzen vnd jm die ar-
men schaflin Christi züm ewigen raub vnd mordt alle zü mal hingeben?
So man dann wille auch ansehen, was auß diser erhohung des Papsts eruol-
get ist, so sicht man abermal nichts anders dann allen zorn Gottes vnd ein
onendtlichs kirchen verderben. Dann erstlich, wie der fromme Gregorius von
diser erhohung bezeuget vnd züuor geweissaget hatt,9 da er noch wenig ge-
dacht, das seine nachkommen inn sollche Satanische hochfart vnnd so bald
fallen sollten, also ists leider lengist über vollig im werck, Das dadurch nem-
lich aller Bischouelicher dienst in der welt verstoret vnd zü Rom das wider-

Erschrockenlich
ende Phoce7 des
Papstmachers

Volge Papsthcher
erhohung lst ab-
thuung alles
Bischouelichen
ampts vnd auf-
fnchtung des wi-
derchnstenthumbs
zu Rome.

1. Priscos, gest. 613, oströmischer Feldherr, konspinerte mit Herakleios gegen seinen
Schwiegervater Phokas.
2. Schwiegersohn. Götze, S. 51.
3. Herakleios der Ältere, Vater des Herakleios, gest. 611. Exarch von Afnka/Karthago.
Lexikon des Mittelalters 4, Sp.2140; Martindale, The Prosopography of the Later Roman
Empire, Bd. Illa, S. 584-586.
4. Flavios Heraklios (Herakleios); s. oben S. 306, Anm. 4.
5. Sophienhafen (spätere Bezeichnung: Kontoskahon), ein Hafen des byzantinischen
Konstantinopel. Müller-Wiener, Die Häfen von Byzantion, S.7—8.
6. Photius/Photios, Senator m Konstantinopel. Thiess, Die griechischen Kaiser, S. 340;
Martindale, The Prosopography of the Later Roman Empire, Bd. Illb, S. 1040.
7. Phokas wurde von seinem Nachfolger Flavios Heraklios am 5. Oktober 610 hinge-
richtet. LThK3 8, Sp.264.
8. Chronicon Paschale, rec. Dindorf, Bd. 1, S. 700-701 (zum Jahr 610).
9. Gregor /., Epistola VI,21 (PL 77, Sp. 749).
 
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