Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,1): Religionsgespräche (1539 - 1541) — Gütersloh, 1995

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29835#0027
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ARTIKEL BELANGENDE DY RELIGION (1539)

19

stenden zustendig ... verfast« dem Kaiser36, und bald seinen Suffraganen und dem
Salzburger Erzbischof37. Die Abschriften bezeichnen den Entwurf in der Über-
schrift als die Grundlage des künftigen Gesprächs und haben am Schluß den
Vermerk »Recognovimus Ego Philippus Melanchton et Martinus Butzerus«38.
Katholischerseits war man somit von der offiziellen Art des Reformationsentwurfs
überzeugt39. Das gilt auch für den Nuntius Morone, der ihn nach Rom sandte40.

Die Korrespondenz der genannten Bischöfe und Politiker zeigt, daß sie sich über
den Leipziger Reformationsentwurf, zusammen mit dem geplanten Ausschluß des
Papstes vom Nürnberger Tag, große Sorgen gemacht und ihre Maßnahmen getrof-
fen haben, besonders durch das Hinzuziehen theologischer Berater. Der For-
schungsstand ermöglicht es aber nicht, ein Gesamtbild der Reaktionen aller zustän-
digen kirchlichen und politischen Behörden zu schildern. Es ist durchaus möglich,
daß abgesehen von Bayern und dem Mainzer Erzbischof, die Schlußbemerkung von
Leonhard von Eck zutreffend ist: »Die pischoff schlaffen alle«41.

Auch die Häupter des Schmalkaldischen Bundes befaßten sich mit dem Nürnber-
ger Tag und dem Leipziger Reformationsentwurf. Der Landgraf versuchte, den
geplanten Tag zu fördern. Der Kurfürst war der Meinung, der Kaiser würde den Tag
überhaupt nicht einberufen, und er war sehr zufrieden damit, »dann den Teufel soll
man nicht zu Gast laden«42. Er arbeitete darauf hin, nicht den Leipziger Entwurf als
Gesprächsbasis zu akzeptieren, wenn man zu einem Gespräch kommen würde, son-
dern statt dessen die Augsburger Konfession zu verwenden43. Die Wittenberger
Theologen waren mit dieser Politik einverstanden; sie waren vom Reformationsent-
wurf wenig begeistert: »solch Flickwerk, Teufelsgespenst«44.

Anfang 1540 hatte der Leipziger Reformationsentwurf somit seine Rolle ausge-
spielt. Als ein Jahr später das Religionsgespräch endlich stattfand, war die Grund-
lage eine andere und bessere, das Wormser/Regensburger Buch. Noch einmal
tauchte der Entwurf auf, als Bucer ihn 1545 publizierte. Da aber war die historische
Lage grundlegend verändert. Das bevorstehende Trienter Konzil hatte die religiösen
Verhältnisse im Reich verschärft. Hinzu kam, daß das Mißtrauen der sächsischen
Politiker und Theologen gegen Bucer einen neuen Höhepunkt erreicht hatte. Unter
diesen Umständen plante Bucer, aus mir unbekannten Gründen, eine Herausgabe
des Textes des Leipziger Reformationsentwurfs. Hat vielleicht eine Disputation mit
Witzel vor Joachim II. von Brandenburg ihn dazu veranlaßt45? Als die ersten Bögen,
die den Text enthielten, gedruckt worden waren, änderte Bucer seine Pläne. Er

36. ARC 3, Nr. 23, S. 39, Z. 28 - S. 40, Z. 9.

37. ARC 3, Nr. 26, S. 45, Z. 1-9; Nr. 28, S. 46-47.

38. s. S. 23, Z. 1-2; S. 51, Z. 11 — 13.

39. ARC 3, Nr. 35, S. 54, Z. 33-36; Nr. 37, Z. 11-13.

40. NBD 5, Nr. 61, S. 110—111.

41. ARC 3, Nr. 37, S. 57, Z. 19.

42. s. Lenz 1, Nr. 28, S. 95, Anm. 2.

43. WABr 8, Nr. 3425, Z. 27-38.53-55, S. 648-649.

44. WABr 9, Nr. 3431, Z. 6.17, S. 9.

45. Witzel erzählt diese Geschichte; s. Warer Bericht; ARC 6, S. 19, Z. 34 - S. 20, Z. 22. Er
erwähnt den Leipziger Entwurf nicht.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften