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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,1): Religionsgespräche (1539 - 1541) — Gütersloh, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.29835#0061
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2. Theologisch Bedencken

Frankfurter Bundestag 1539: zwei Gutachten bezüglich des
künftigen Anstandes (27. März und 4./5. April 1539)

Einleitung

Am 25. Februar 1539 begannen auf dem Bundestag der Schmalkaldener in Frankfurt
Verhandlungen zwischen dem kaiserlichen Orator Johann von Weeze, Bischof von
Lund, und zwei Räten König Ferdinands einerseits und den Vertretern der Schmal-
kaldener Verbündeten andererseits. Die Verhandlungen fanden über zwei Vermitt-
ler, die Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg und Ludwig V. von der Pfalz,
statt. Sie fanden ihren Abschluß im sogenannten Frankfurter Anstand vom 19.
April. Eine der Bestimmungen lautete, der Kaiser sollte zum 1. August ein Reli-
gionsgespräch in Nürnberg einberufen. Der Anstand läutete somit die Epoche der
Religionsgespräche ein1.

In den Verhandlungen hat das künftige Religionsgespräch eine untergeordnete
Rolle gespielt. Im Vordergrund stand vielmehr die heikle Frage, ob es den Schmal-
kaldenern gestattet sei, während der befristeten Zeit des Anstandes oder sogar für
die ganze Dauer des nach Ablauf dieses Anstandes wieder geltenden Nürnberger
Friedens, neue Mitglieder in ihr Bündnis aufzunehmen. Die beiden Parteien zeigten
sich im Laufe der Verhandlungen gleichermaßen hartnäckig. Der diesbezügliche
Streit mündete in einen kaum durchschaubaren Kompromiß.

Während Melanchthon sich am Ende der Verhandlungen über deren Ergebnis
nicht unzufrieden zeigte2, war Bucer schlechthin wütend. Sofort nach Abschluß des
Anstandes schrieb er Luther einen langen Brief: Der Teufel habe, durch unsere
Schuld, sein Spiel mit uns getrieben; zu Anfang erschienen wir mutig und bereit,
Wunderbares für die Kirche Christi zu tun, am Ende haben wir in jeder Hinsicht
nachgegeben; wir und die anderen meinten, wir seien eisern, wir wurden aber but-
terweich. Springende Punkte waren für Bucer besonders die Beschränkung des
Anstands auf die jetzigen Verbündeten und das Verbot, neue Mitglieder in den
Schmalkaldischen Bund aufzunehmen3. Seinem Freund Ambrosius Blarer gegen-
über äußerte er sich noch schärfer: »Sic, quantum in nobis est, prodidimus statibus
imperii pacem Nurembergae datam ... Prodidimus fratribus nostris ... fraternam
opem ... Prodidimus denique ecclesiis suum ius«4. Am ausführlichsten äußerte sich
Bucer in einem emotionellen Schreiben an Philipp von Hessen, der ihm der Haupt-
schuldige war5. In diesem Brief erwähnte er auch, auf welche Weise er versuchte, das

1. Vgl. zum Anstand Fuchtel; zum Text des Anstandes Neuser, S. 75-85; zu den Verhandlungen
Pol. Cor. 2, Nr. 578-614, S. 559-609.

2. s. seinen Brief an Justus Jonas vom 23. April 1539; CR Mel 3, Nr. 1800, Sp. 699 = MBW 2, Nr.
2191.1.2, S. 433.

3. WABr 8, Nr. 3324, bes. Z. 7-12. 20-25, S. 414.

4. B. an Ambrosius Blarer, 30. April 1539; Schieß 2, Nr. 840, S. 23-24.

5. Lenz 1, Nr. 24, S. 70-80; Nr. 27, S. 90-92. Zusammen mit der Antwort des Landgrafen, Nr.
 
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