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DER LEIPZIGER REFORMATIONSENTWURF

aber hernacher auch zu gemeinem brauch kommen ist, hat es erschrocklich abgotte-
rey geboren. Weyl dann solich ansprechen vnd anbetten der abgestorbenn heyligen
weder wort noch exempel hat vnnd dieo abgöttisch lautet, Nachdem es pist alsop,
gleichsam weren die heyligenq wie gott selb allenthalben zugegen, horten vnnd
sehen vns, so soll man diß ansprechen vnd anruffen der heiligen fallen laissen119
Vnnd gnug haben, ir gedechtnus ehrlichen zuhalten vnnd den hern zupitten, das err
jr gebeth vor vns, die ja begeren, das wir jnen in der ewigen seligkeit zugesellet
werden, annemens vnnd vns verleyhen wöllet, jrem glauben vnd leben trewlich
nachzuuolgen, vnd jn, wie die liebeu heyligen gethan, jn warem glauben vnd christli-
chem leben zupreisen vnd groß zumachen vnnd in dem zuuerharren biß ans ende.

| [40 b] | Von feyertagen.

So vil derv gemeinlich bey allen kirchen gehalten werdenw sein zux Zeiten Hieronimi
vndy Augustini, bey denen wer gut, das esz plieb, so vila die handtfeyer120 belangt121;
allein das die prediger vnnd Oberkeit dahin allenb vleyß ankereno, das dieselbend mit
dem Sontag dem hern geheiliget vnd nit der vppigkeit vnnd schendtlichem leben
ergeben wurden, wie leider der gemein mißbrauch ist122, wider das so ernstlich
gesetzt gottes, wider alle canones vnnde keiserliche gesetz, C. de ferijs 1, dies
festos123.

n) von hinnen gescheydenen E, F.

o) ye E, F; doch B. - p)-p) lautet E, F. - q) A, E; heygen F.

r) fehlt F. - s) E, F; fehlt A, B, C, D.

t) E, F; fehlt A, B, C, D. - u) lieben E, F.

v) dern E, F. - w) worden E, F. - x) zun E, F.

y) fehlt B. - z) man E, F. - a) add.: nemlich E, F.

b) allein C. - c) ankereten E, F.

d) die selbigen feiertag E, F. - e) add.: die E, F.

119. Man vergleiche das Wormser Buch, das in dieser Hinsicht viel weiter geht als der Leipziger
Entwurf, S. 455, Z. 14 - S. 457, Z. 18; die dort von B. geübte Kritik (»idolatria«, »alloqui mortuos
tanquam audirent omnia et interessent rebus nostris«), stimmt teils wörtlich mit dem Leipziger
Entwurf überein.

120. Ruhe (wie noch in neuhochdeutsch >Feierabend<) der Hand(arbeit). Diese Wortbildung ist
offenbar nicht in den allgemeinen Wortschatz übergegangen und ist daher in den einschlägigen
Lexiken nicht zu finden.

121. Von 1524 bis 1537 war in Straßburg nur der Sonntag ein Feiertag. Von 1537 an wurden die
alten Feste des Kirchenjahres wieder eingeführt, die Heiligentage blieben aber unbeachtet; s. Bor-
nert, S. 337-338.490-492. Im Florilegium patristicum nennt B. wie hier die Zeit von Hieronymus
und Augustinus als maßgebend, gibt aber eine zu beschränkte Aufzählung der von diesen erwähnten
Festtage und betont die Notwendigkeit einer angemessenen Feier dieser Tage; s. BOL 3, S. 173 und
Anm. 2. Witzel, Typus, S. 55-67, betont auch die Feste des Herrn, erwähnt aber daneben eine
Menge von üblichen Feiertagen.

122. Vgl. die Kirchenordnung von 1534, BDS 5, S. 35, Z. 29 — 31: »Item das niemand under den
morgen- und Mittagspredigen uff die Sontag offentlich vergeblich spacieren gehn, stehn oder uff den
pletzen, greben und sunst in den würts- und scherheüseren sitze«.

123. s. Ex 20,8-11; Corpus Iuris Civilis, Cod. III,12,9; vgl. Florilegium patristicum, BOL 3, S.
173 und Anm. 4. Mir sind keine altkirchlichen Bestimmungen bekannt und B. erwähnt sie im Flori-
legium patristicum a. a. O. nicht.
 
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