Metadaten
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ARTIKEL BELANGENDE DY RELIGION (1539)

49

Von gedechtnus der dotten.

Die soll man erbarlich vnd gotselig halten, vnd wie man sich der Ordnung in sol-
chem vergleichen mocht, das es zu warer gotseligkeit dienetf, in dem sollen sich alle
glaubigen linde vnd volgig beweysen124.

| [41 a] | gDe officio Magistratusg125.

Seintemal alle gute Ordnungen vnnd gesetz vergeben seindt, wo nit die obergewalt
daruberh helth vnnd sich ein lebendig gesetz beweyst126, Derhalben hat sichs bey der
alten Apostolischen kirchen also gehalten: den Bischoffen ist alle seelsorge vnnd
christlich zucht ane den clericken vnd dem volck sampt den kirchen vbungen beuho-
len gewesen, das sie haben mit jrer geistlichen censur ob dem allem mit ernst halteni,
Vnnd jnen auch alle Clerici vnd andere gehorsamen sollen. Vnnd weyl die Bischoff ia
die ernstlichenj sein sollen, zuhalten Ob allem dem, das zur gotseligkeit dienet, so
haben die kalte christlichek keiser die clericken inl kirchen vnd Burgerlichen sachen
dem gericht jrerm Bischoffen beuholen Vnnd von dem gerichtzwangk der Ordenli-
chen richter jm reych eximiert. Doch was Burgerlichen sachen waren, die haben die
Bischoff nacho den keiserlichen gesetzen, Was aber kirchen handel waren nach den
kirchen rechten vnndp | [41 b] | canonesq richten sollen. Wann sie aber die Burgerli-
chen sachen nit haben entscheiden mogen, so hat die Appellation fur die keiserlicher
richter kommen muissen, die peynliches sachen aber gegen allen Bischouen vnnd
clericken haben die keiser jren gerichten vorbehalten, also auch, wo die Bischoff jr
ampt nicht den canonibus nach verrichtet haben.

Diß alles ist gegrundet Roman. 13 [1]: Alle selen sollen der Oberkeit, die das
schwert tregt, vnderthenig sein. Darumb sangtus Chrisostomus schreybet: der Apo-
stel hab dar umb »alle sele« gesetzt, damit er anzeigt, das er diß nit allein den gmei-

f) dienete E, F. - g)-g) Vom ampt der Oberkeyten [E; Oberkeyt F] E, F.

h) drob E, F. - i) gehallten E, F.

j) ernstlichsten E, F; ernnstlichisten C.

k) -k) altenn Christlichen E; alten Christlichen F.

l) E, F; vnnd A, C; vnd B, D. - m) jren B.

n) burgerlicher E, F. - o) fehlt B.

p) add.: .i. [= id est] E, F. - q) Canonions [!] B.

r) Keyserlichen E, F. - s) peinlichen E, F.

124. Diese Formulierung ermöglicht eine große Vielfalt von Riten. In Straßburg war in den
zwanziger Jahren ein sehr schlichtes Begräbnis üblich geworden; in den dreißiger Jahren hatten
Prediger und Kirchspielpfleger sich darüber beklagt. In den nächsten Jahren wurde ein einfaches
Ritual mit Bibellesen, Predigt und Gebet auf dem Friedhof eingeführt; s. Bornert, S. 585 — 587.
Witzel, Typus, S. 88-89, behandelt die altkirchlichen Bräuche mit Vigilien und er befürwortet ein
allgemeines Allerseelengedächtnis anstatt der Privattotenmessen.

125. In den Dialogi von 1535, und im Römerbriefkommentar von 1536 hatte B. sich zu diesen
Fragen geäußert; s. BDS 6,2, S. 39-188; De Kroon, bes. S. 99-107. Witzel hatte keinen Anlaß, in
seiner Schrift diese Fragen zu erörtern.

126. Ein in dieser Zeit geläufiges Bild; s. z.B. Erasmus: Institutio principis christiani; ASD 4,1,
S. 194, Z. 855: »Bonus, sapiens et incorruptus princeps nihil aliud est quam viva quaedam lex«; vgl.
Plutarchus: Moralia 780C: »6 vöp.05 . . . eprjniyog öjv ev cauci) Löyog«. Für weitere Stellen s. F.L.
Battles/A.M. Hugo: Calvin’s Commentary on Seneca’s De Clementia. Leiden 1969. S. 112*.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften