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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,1): Religionsgespräche (1539 - 1541) — Gütersloh, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.29835#0073
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THEOLOGISCH BEDENCKEN (1539)

65

B. Gutachten bezüglich des Vorschlags der Vermittler vom 4. April 1539,

[4./3. April 1339].

Am 4. April verhandelten die Vermittler mit dem engeren Ausschuß der protestie-
renden Stände und unterbreiteten diesem eine Neuformulierung vom letzten Teil
des zweiten Abschnitts, den wir unter A aus ihrem Vorschlag vom 24. März aufge-
nommen haben1. Ein Vergleich zeigt, daß dieser Teil in zwei Hinsichten wesentlich
verschärft worden ist. Jetzt wurde klar herausgestellt, daß der Verzicht auf die Auf-
nahme neuer Bundesmitglieder auch nach Ablauf des neuen Anstandes für den dann
erneut in Kraft tretenden Nürnberger Anstand gelten sollte. Das wurde noch weiter
durch eine Hinzufügung zugespitzt, die den damaligen status quo auf einen unbe-
stimmten Zeitraum festschrieb. Diesen nicht geringen Verschlimmerungen, die auf
Betreiben des kaiserlichen Orators zustandegekommen waren, stand die Hinzufü-
gung einer Klausel gegenüber, in der die protestierenden Stände eine Bedingung
stellten. Die Vermittler nahmen vier mögliche Formulierungen einer solchen Klau-
sel in ihren Vorschlag auf und stellten die Stände vor die Wahl, welcher Klausel sie
den Vorzug geben möchten. Noch an demselben Tag trug der Ausschuß diesen
Vortrag den Ständen vor, die ihn schon am 5. April ablehnten. Offensichtlich hat der
Ausschuß sich vorher das Gutachten der Theologen eingeholt.

Im ersten Teil ihres Gutachtens kommen die Theologen zuerst wieder auf die
Beschränkung des abzuschließenden Anstandes auf die jetzigen Mitglieder des
Schmalkaldischen Bundes zurück, obwohl diese Sache im Vorschlag der Vermittler
nicht erwähnt wurde. Sie gehen wohl mit Recht davon aus, daß die Beschränkung
nicht zurückgenommen sei. Auf diese Weise machen sie klar, daß die Vorbeugung
einer solchen Bestimmung ihnen sehr ans Herz geht. Darauf erörtern sie das ihnen
zur Begutachtung übermittelte Dokument und lehnen es ab. Im Fall der politischen
Notwendigkeit bevorzugen sie die zweite Klausel2. Wahrscheinlich hatte der Aus-
schuß in der mündlichen Aussprache mit den Theologen den Gedanken geäußert, in
die zweite Klausel das Wort »Hilfe« einzutragen, um sie für die Stände akzeptabler
zu machen. Die Theologen legen dar, das wäre schon eine Besserung, ihrer Meinung
nach sei diese Hinzufügung aber für die Vermittler wohl inakzeptabel. Am Schluß
betonen sie nochmals die primär politische Art der zur Diskussion stehenden Fra-
gen.

Der Anhang des Gutachtens geht abermals auf die Frage ein, ob die Erwähnung
des Wortes »Hilfe« in der Klausel wünschenswert sei. Zwei Bedenken werden vor-
gebracht: die Erwähnung habe nicht die beabsichtigte Wirkung und sie bringe eine
Spaltung im Reich zustande.

Dieser Anhang ruft zwei Fragen hervor: welches Dokument wird hier begutach-
tet und wer ist oder sind Begutachter? Unseres Erachtens kommt als Vorlage nur die
zweite Klausel des im ersten Teil begutachteten Vorschlages der Vermittler in

1. Der engere Ausschuß setzte sich aus sechs Politikern zusammen; s. Fuchtel, S. 173. Zu den
Verhandlungen des 4. und 5. Aprils s. Fuchtel, S. 179-180; Pol. Cor. 2, Nr. 602, S. 592-593.

2. s. S. 67.
 
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