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VOM TAG ZU HAGENAW ZWEN SENDBRIEFE (1540)
Aber wir wöllen es setzen, es sey also von alters her geordnet und beschlossen, das
on des Bapsts verwilligung kain National Concili sol gehalten werden (wiewol man
sollichs auch von General Concilien nit kan beweisen), so muß man dennoch diß für
billich und recht erkennen, wa man gewiß weste (wie jetzt laider jederman wais), das
der Bapst auff seinen vortail, der Kirchen zum schaden und nachtail, kain National
Concili erlauben wolt, das man im38 im selben fall nit sol gehorsam laisten. Ursach:
es sol je kain mensch ainigen gewalt haben, vil weniger brauchen39, der Kirchen
schaden zu thun. Es ist alles der Kirchen, Auch Cephas selb, Apollo und Paulus und
die gantze welt. Derhalben sol jederman mer an der Kirchen hail und wolfart denn
sonst an aller welt gelegen sein und soll weder des Bapsts noch ainiger Creatur auff
erden gewalt so groß sein, das sy ein National Concili weren wolt, wenns der Kir-
chen hail und wolfart erfordert.
Nun ist es je on alles widersprechen war, das es mit der Kirchen nie jemerlicher
noch ellender gestanden hat denn jetzundt. Bapst Adrianus hat durch sein botschafft
auff dem Reichstag zu Nürnberg selb bekennet, es sey der gantze leib der Kirchen
von der schaittel an biß zun fußsollen verderbt und schadhafft. So ist diß auch gewiß,
das niemandt der Kirchen mer schadens thut denn die, so | D 1 a | an in selb böß und
entwicht40 seind und dannoch bey yederman das ansehen und den namen haben, das
sy hailig und fromm seind, wie wir Pfaffen, so zum Kirchendienst verordnet wer-
den. Derhalb, so es ye not gewesen ist, durch ein National Concili zum rechten
Gotesdienst und besserung der Kirchen zu helffen, so ist fürwar yetzt die gröste not.
Und ist gewiß, das alle die, so zu sollicher artzney die Kirchen nit kommen lassen
noch darzu helffen wöllen, mitnichten anderst umbgeen, dann wie sy die Kirchen
gar verderben und verwüsten mögen.
So ligt es nun an dem, ob der Bapst in der sachen sich aintweder wie ain Wolff oder
wie ain Hirt halten wölle. Will er ain Hirt sein, wie dann sein Ampt und beruff
erfordert, so soll und kan kain ding auf Erden im lieber noch angenemer sein, dann
das wir unsern Kirchen rechtschaffen helffen und uns nach Gottes wort und der
hailigen Vätter ordnungen halten. Will er aber ain Wolff sein, so sollen die Schäflin
Christi in nit hören, Sonder als iren und deß Herrn Christi höchsten feind fliehen.
Nun wissen eüwer Erwirde baß dann ich, wie zu Rom allerlay greüliche laster und
Sünden on allen schewh im schwanck und offentlichen geen. So nun der Bapst seinen
willen dazu nit geben will, das wir Teütschen unsern Kirchen selb helffen und refor-
miern sollen, wirt ye ain yeder frommer biderman müssen bekennen, der Bapst thüe
sollichs darumb, das er lieber sehen wolt, Gottes Reich lege bey uns gar darnider,
dann das seiner Tyranney etwas solt entzogen werden.
38. Ihm (Pers.-Pron.).
39. Gebrauchen, anwenden; Grimm 2, Sp. 316f.
40. Verdorben (Adj.); Grimm 3, Sp. 657.
VOM TAG ZU HAGENAW ZWEN SENDBRIEFE (1540)
Aber wir wöllen es setzen, es sey also von alters her geordnet und beschlossen, das
on des Bapsts verwilligung kain National Concili sol gehalten werden (wiewol man
sollichs auch von General Concilien nit kan beweisen), so muß man dennoch diß für
billich und recht erkennen, wa man gewiß weste (wie jetzt laider jederman wais), das
der Bapst auff seinen vortail, der Kirchen zum schaden und nachtail, kain National
Concili erlauben wolt, das man im38 im selben fall nit sol gehorsam laisten. Ursach:
es sol je kain mensch ainigen gewalt haben, vil weniger brauchen39, der Kirchen
schaden zu thun. Es ist alles der Kirchen, Auch Cephas selb, Apollo und Paulus und
die gantze welt. Derhalben sol jederman mer an der Kirchen hail und wolfart denn
sonst an aller welt gelegen sein und soll weder des Bapsts noch ainiger Creatur auff
erden gewalt so groß sein, das sy ein National Concili weren wolt, wenns der Kir-
chen hail und wolfart erfordert.
Nun ist es je on alles widersprechen war, das es mit der Kirchen nie jemerlicher
noch ellender gestanden hat denn jetzundt. Bapst Adrianus hat durch sein botschafft
auff dem Reichstag zu Nürnberg selb bekennet, es sey der gantze leib der Kirchen
von der schaittel an biß zun fußsollen verderbt und schadhafft. So ist diß auch gewiß,
das niemandt der Kirchen mer schadens thut denn die, so | D 1 a | an in selb böß und
entwicht40 seind und dannoch bey yederman das ansehen und den namen haben, das
sy hailig und fromm seind, wie wir Pfaffen, so zum Kirchendienst verordnet wer-
den. Derhalb, so es ye not gewesen ist, durch ein National Concili zum rechten
Gotesdienst und besserung der Kirchen zu helffen, so ist fürwar yetzt die gröste not.
Und ist gewiß, das alle die, so zu sollicher artzney die Kirchen nit kommen lassen
noch darzu helffen wöllen, mitnichten anderst umbgeen, dann wie sy die Kirchen
gar verderben und verwüsten mögen.
So ligt es nun an dem, ob der Bapst in der sachen sich aintweder wie ain Wolff oder
wie ain Hirt halten wölle. Will er ain Hirt sein, wie dann sein Ampt und beruff
erfordert, so soll und kan kain ding auf Erden im lieber noch angenemer sein, dann
das wir unsern Kirchen rechtschaffen helffen und uns nach Gottes wort und der
hailigen Vätter ordnungen halten. Will er aber ain Wolff sein, so sollen die Schäflin
Christi in nit hören, Sonder als iren und deß Herrn Christi höchsten feind fliehen.
Nun wissen eüwer Erwirde baß dann ich, wie zu Rom allerlay greüliche laster und
Sünden on allen schewh im schwanck und offentlichen geen. So nun der Bapst seinen
willen dazu nit geben will, das wir Teütschen unsern Kirchen selb helffen und refor-
miern sollen, wirt ye ain yeder frommer biderman müssen bekennen, der Bapst thüe
sollichs darumb, das er lieber sehen wolt, Gottes Reich lege bey uns gar darnider,
dann das seiner Tyranney etwas solt entzogen werden.
38. Ihm (Pers.-Pron.).
39. Gebrauchen, anwenden; Grimm 2, Sp. 316f.
40. Verdorben (Adj.); Grimm 3, Sp. 657.