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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,1): Religionsgespräche (1539 - 1541) — Gütersloh, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.29835#0166
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158

VOM TAG ZU HAGENAW (1540)

Ende des vierten, im ganzen fünften und im Anfang des siebenten Teils62. Die allge-
meine Apologie im fünften Teil wurde beachtlich gekürzt und die gelehrten, aus-
führlichen Erörterungen über die Befugnis von Konzilien und die Stellung der Laien
in der Kirche wurden durch im allgemeinen kürzere Erörterungen über die gleichen
Themen ersetzt. Diese wurden aber auf vollkommen andere Weise abgehandelt. Die
Send wird erwähnt, und ein scharfer Hieb auf die jüngsten Konzile, auf denen sich
alles um Äußerlichkeiten und Geld drehte, fehlt nicht63. Das Positive überwiegt aber
bei weitem. In den Vordergrund rückte der Bearbeiter das Reich Christi, das er mit
der Kirche gleichsetzt. Diese wird durch die reine Lehre und den rechten Brauch der
Sakramente und der Schlüssel gekennzeichnet; besonders die rechte Schlüsselgewalt
der Kirche hob er stark hervor64. In dieser Kirche haben die Laien neben den Kleri-
kern einen gleichberechtigten Platz, denn im Leib Christi gebe es nur einen Geist.
Der Bearbeiter zeigt sich mehr an den Dorfpfarrern, die sich tatsächlich um die
Kirche kümmern, als an den hohen Prälaten interessiert. In Konzilien brauche man
die Leute, die den Geist haben und die Geister unterscheiden können. In Deutsch-
land gebe es jetzt solche Laien, die auch die heilige Schrift kennen und Erfahrung in
geistlichen Angelegenheiten haben65.

Drittens beinhaltet die deutsche Fassung einen durchaus von der lateinischen
Schrift abweichenden Passus, in dem der Bearbeiter erklärt, »wir« lesen täglich in
der Gemeinde die heilige Schrift vor, lehren sie in der Schule und predigen sie. Sie sei
»herrlichen« übersetzt worden und ihre Auslegung sei zum größten Teil, auch auf
Deutsch, vorhanden66.

Viertens weist der Druckort auf einen Bearbeiter, der Beziehungen zu Straßburg
hat, hin67.

Fünftens enthält die deutsche Fassung drei Fehler. Einer davon ist eine Verschrei-
bung oder ein Irrtum des Druckers68. Ein zweiter zeigt, daß der Bearbeiter selbstän-
dig die Historia ecclesiastica tripartita gelesen, jedoch mißverstanden hat69. Der
dritte Fehler ist nur bei einem Ignoranten, der sich weder im Latein noch in der
Kirchengeschichte auskennt70, erklärlich.

Wenn man versucht, zu einer Folgerung betreffs des Bearbeiters zu gelangen, ist
zuerst festzustellen, daß der Bearbeiter wahrscheinlich über die beiden Ausgaben
der lateinischen Schrift verfügte und diese als sein Eigentum betrachtete. Er nahm
somit allerlei kleinere und größere Änderungen vor, arbeitete Teile der Schrift um,
strich, fügte hinzu und versuchte, sie auf diese Weise einer breiteren Öffentlichkeit

62. S. 214, Z. 1 - S. 262, Z. 28.

63. S. 214, Z. 26-27; S. 216, Z. 3-5.

64. S. 216, Z. 15-20; S. 244, Z. 23 - S. 250, Z. 1.

65. S. 238, Z. 3 - S. 242, Z. 12.

66. S. 282, Z. 14-26.

67. Vgl. den analogen Fall, Lenz 1, Nr. 57, S. 155. B. möchte, daß Corvinus seine Schrift Von
Kirchengütern ins Latein übersetzt, denkt dabei aber an einen Marburger oder Erfurter Drucker.

68. S. 254, Z. 15, wo die deutsche Fassung >Constantinus< statt des richtigen >Constantius< hat,
das in der lateinischen Fassung (S. 257, Z. 3) steht.

69. S. 260, Z. 9 — 11; s. die dortige Anmerkung.

70. S. 254, Z. 20-23; ein grober und unverständlicher Fehler.
 
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