Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]; Kroon, Marijn de [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,1): Religionsgespräche (1539 - 1541) — Gütersloh, 1995

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29835#0493
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
JOHANNES GROPPER, ARTIKELL

485

lägen, bey der Kirchen (so durch seinen geist regiert wirdt) seyn solle, Und das
darumb söliche authoritet, die schrifft auzulegen, bey keynem sondern menschen,
sonder bey der algemeiner Kirchen und bey dem gemeinen eynhelligen verstande
aller gotseliger Vätter zu süchen sey, Welcher einhelliger verstant sey die zeugniß
des heiligen geists und die grundtfeste der warheit5. Dan die authoritet, die schrifft
außzulegen, der man nichtt widersprechen möge, sey nit bey yetligen sondern glie-
dern, sonder residiere und wonne bey der gantzer algemeiner Kirchen, welche nitt
allein die waren und rechten Bücher der heiliger geschrifft von den unwaren under-
scheiden, sonder auch die rechte und ware außlegung in allen nötwendigen stucken
uns dargeben hab.

Das auß sölicher authoritet, macht und ansehen der Kirchen, die heilige Schrifft
zu erkennen und außzulegen und über den verstandt der schrifft zu urtheilen, dise
nachfolgende stück angenommen seindt: Die lehr von dem eynigen wesen der heili-
ger Dreifaltigkeit und gleichen der drey personen, Von zweien naturen und eyner
person in Christo, Von der Erbsunde, Von der Kinder Tauff etc.

Das dise und vill andere mehe lehren, mehe durch außlegung der Schrifft erlautert
dan nach den Buchstaben in worten der schrifft außgetrückt, Wiewol sye darin
gewickelt, durch die gantze Catholische Kirch angenommen worden seyn, Und das
darumb nach der lehr des heiligen Irenei, der gantz schön darvon rede, wen von
eynem ding oder fragstuck eyn zweiffell oder myßverstandt vorfalle, | 8a | das man
sich alsdan zu den ältisten Kirchen keren müsse, in und bei wölchen die Apostell
conversiert haben, Und von sölchen Kirchen der vorgefallen fragen halben vernem-
men, das gewiß und richtig ist. Dan wie der heilige Ireneus vort sage: Was solt man,
wengleich die Apostel keine schrifft uns verlassen hetten? Müßte man sich dan nit
halten der folge der Tradition, die sie denen dargeben und überantwort haben, wöl-
chen sie die Kirchen befohlen haben? Dere auch die Barbaren, ungelehrten Heiden,
geglaubt haben und noch anhangen, so on schrifft und dynten in irem hertzen durch
den heiligen Geist geschriben haben die heilwertige lehr6.

Das dise Authoritet der Kirchen, so sie hat, die schrifft ußzulegen (welche ußle-
gung in dem algemeinen und alwege herbrachtem verstande bestallet) zu jeder zeit
gnugsamlich erwiesen werde, Erstlich und vor allem durch die Concilia, darnach
auch durch die heiligen Lehrer der Kirchen, so jeder zeit gewesen, wölche doch eyns
unverdachten glaubens seind, nemlich, wen sie eynhelligklich dargeben und lehren,
das einiche lehr von den Apostolen biß uff uns kommen sei und in der Kirchen alzeit
gehalten und angenommen gewesen als ein söliche, die auch schrifft nit ungemeß sei.

Das wir disem waren und allweg herbrachtem verstandt und vereynbarung, der
die Concilia und Vätter eynhellige zeügniß geben, gehorchen söllen in massen, wie
die Kirch dere zu gehorchen erkandt hat.

Das in andern, darin die heiligen Vätter nit gleichstymmen, der Leser zu urtheilen
hab, Doch also das niemandt im selb kegklich zu vil vertraw, sonder in zweiffelligen
dyngen lieber wölle lehrnen dan lehren, Und, da es von nöten angesehen wirdt, der

5. Hier klingt 1Tim 3,15 mit.

6. Irenaus: Adversus haereses 3,4,1—25 SC 211, S. 44—46.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften