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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Cucuel, Ernst [Bearb.]; Eckert, Hermann [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 1 : Heidelberger Reihe ; Band 1): Die Inschriften des badischen Main- und Taubergrundes: Wertheim-Tauberbischofsheim — Stuttgart: Druckenmueller, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.53141#0039
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DIE INSCHRIFTEN AN FLURDENKMÄLERN
Von den 85 Inschriften dieser Gruppe finden sich 5 auf Steinkreuzen, 15 auf Kruzifixen, 63 auf
Bildstöcken und 2 auf Relief bildern. Die vier Denkmals formen begegnen im 17. Jahrhundert
nebeneinander (Nr. 418, 421-423), entstanden sind sie aber zu verschiedenen Zeiten. Die jüngste
Erscheinung sind die beiden Reliefbilder (Nr. 402 u. 418); die älteste ist dagegen schwer mit
Bestimmtheit zu nennen. Man hält den Bildstock allgemein für jünger als das Kreuz und das
Kruzifix, ja man hat ihn sogar aus dem Steinkreuz abzuleiten versucht. Vermutlich hat er aber
doch einen anderen Ursprung: Betsäule, Tabernakel und Totenleuchte zeigen sehr verwandte
Formen. Auch darüber, ob Steinkreuz oder Kruzifix die ältere Art sei, kann man verschiedener Mei-
nung sein. Wenn als ältestes Denkmal unseres Bezirkes ein Kruzifix begegnet (Nr. 341), so steht
dem gegenüber, daß die Steinkreuze nur selten eine Inschrift tragen. Zudem mag die Überliefe-
rung aus der älteren Zeit sehr zufällig sein.
Der Verschiedenheit der Form und vielleicht auch des Ursprungs entspricht im großen gesehen
keine Verschiedenheit der Aufgabe. Gemeinsam ist allen diesen Denkmälern, daß sie den Vorüber-
gehenden zum Beten rufen. Meistens tun sie das ganz allgemein zur „Auferbauung christlicher
Andacht“ (Nr. 353, 385, 408); es sind Mahnmale, die „zu loubwurticher Erinnerung des bitern
Leyden Christi den Furubergenent“ gesetzt sind (Nr. 353, 375) und ein Gebet der „Danksagung
des unschuldigen Leiden“ heischen (Nr. 353, 402). Dieser Absicht braucht nicht wie in den an-
geführten Fällen stets sprachlicher Ausdruck verliehen zu sein; meistens dient ihr allein schon die
bildliche Darstellung. Manchmal vereinigen aber auch Darstellung und Inschrift ihre Kraft, um den
Vorübereilenden in diesem Sinne anzurufen: „o Mensch, gedenk daß der Erlöser dein | Für dich ge-
litten hab große Pein“ (Nr. 389, 391,420; 365, 423). Die überwiegende Mehrzahl unserer Denkmäler
ist in solcher Art rein religiöses Denkmal, das wie ein Zeigefinger auf das Überirdische hinweisen
und zu einem religiösen Leben anhalten will. Bisweilen erinnert die Inschrift darum auch an das
Lebensende (Nr. 342), wenn auch nur mit dem Spruch: „Heute mir, morgen dir“ (Nr. 347, 380).
Eine kleine Gruppe bittet dagegen um ein Gebet für einen bestimmten Zweck: für die Seele eines
unvorbereitet Dahingeschiedenen. Der Ermordete oder Verunglückte ist durch den jähen Tod ver-
hindert worden, die läßlichen Sünden zu tilgen und muß für sie nun im Fegefeuer büßen. Um
seine Qualen zu erleichtern, bittet das Steinmai den Vorübergehenden, für ihn zu beten. Die
Inschriften sprechen dies freilich nicht unmittelbar aus. Nur in einem Fall wird angedeutet, daß
es mit der ewigen Ruhe des Umgekommenen schlecht bestellt sei, und zugleich das Gebet gewis-
sermaßen vorgesprochen (Nr. 395). Sonst beschränken sich die Inschriften darauf, von dem ge-
schehenen Mord oder Unglück zu berichten (Nr. 341, 346, 381, 422); das Weitere versteht sich
für jeden Einheimischen noch heute von selbst.
Die Anlässe und persönlichen Gründe der Steinsetzung liegen nur bei diesen Totenmalen einiger-
maßen klar. In Nr. 546 sind es die Erben, die das Kreuz erstellen ließen, in Nr. 422 vermutlich
die Angehörigen, in Nr. 395 vielleicht ebenfalls. Der Antrieb war hierbei wohl immer die Sorge
um das Seelenheil des Toten, daneben wohl auch der in altheimischen Vorstellungen wurzelnde
Glaube, daß der Tote ohne die Steinmalsetzung umgeht und den Menschen, besonders den An-
gehörigen gefährlich wird.
Bei den Denkmälern, die nicht Totenmaie sind, wissen wir dagegen in den wenigsten Fällen, aus
welchem Anlaß sie gesetzt wurden. Einige sind außer zu Ehren Gottes auch „zur Gedechtnus“
einer meist als verstorben bezeichneten Person erstellt (Nr. 309, 350, 355, 414, 418). In einem dieser
Fälle wissen wir, daß der auf dem Kruzifix Genannte an den Folgen eines Überfalls oder einer
Schlägerei starb (Nr. 309), bei den anderen möchte man aber glauben, sie seien eines natürlichen
Todes verschieden. Zweimal wird der Tod des Stifters selbst angegeben (Nr. 356, 402), wobei wie
teilweise auch in den Inschriften „zum Gedächtnis einer Person“ Formeln der Grabinschriften
benutzt werden (Nr. 356, 362, 402, 414). Oder es hat eine Frau einen Bildstock an den Eingang
des Friedhofes setzen lassen, weil ihr Sohn in diesem Kirchhof begraben liegt (Nr. 376). Anlaß und
Grund der Stiftung bleiben in diesen Fällen aber trotz solcher Angaben ziemlich dunkel.
Nur ein Denkmal gibt darüber ganz klare Auskunft: das sogenannte Metzgerbild bei Tauber-
bischofsheim (Nr. 382). Es wurde Gott zu Lob und Ehr errichtet dafür, daß er so oft über den Berg
geholfen hat; zugleich aber mit der Bitte, daß er auch weiterhin helfe. In gleicher Haltung mögen
auch viele andere Bildstöcke versprochen worden sein, deren Inschriften nur formelhaft berichten,
daß sie vom Stifter zu Gottes Lob und Ehr, vereinzelt auch der Maria (Nr. 389, 403, 414, 425) oder
der hl. Marter (Nr. 404) zu Ehren erstellt seien. - Manchmal wird die Errichtung auch auf ein
bestimmtes Gelübde zurückgehen, wie die Sage in einem Fall erzählt (Nr. 421). Oder man wird in

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