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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0042
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berg tätigen Steinmetzen namens Jacob Forster in den Quellen ausfindig gemacht, ohne daß sich die-
ser Name bisher mit einem ausgefuhrten Werk verbinden ließ. Kein Geringerer als der hoch angese-
hene Herrenberger Heinrich Schickhardt, welcher 1592 in herzogliche Dienste eintrat und in der Fol-
gezeit das Bauwesen des Landes als Leiter bestimmte, schlichtete 1626 einen Streit zwischen der
Tübinger Bildhauerzunft und dem Steinmetzen Jacob Forster von Herrenberg und trat dafür ein, daß
Jacob berechtigt sei, „Wappengrabsteine“ anzufertigen, zumal er dies schon seit fünfzehn Jahren, also
seit 1611, mache. Man kann annehmen, daß dem vielseitigen und künstlerisch versierten Schickhardt
die Gestaltung der Grabmäler für seine Familienangehörigen nicht gleichgültig war und daß er an sei-
nem Wohn- und Heimatort auf deren Gestaltung Einfluß nahm. Schickhardt war der Schwiegervater
des Bürgermeisters Grininger. Dem Grininger-Epitaph eng verwandt ist das Epitaph für Johann
Schickhardt (gest. 1623; nr. 366), einen früh verstorbenen Sohn des Architekten. In beiden Fällen liegt
es nun nahe, in Forster den ausführenden Meister dieser Denkmäler für die Familie Schickhardt zu se-
hen, zumal das Kuppinger Denkmal mit Forsters Signatur mit diesen eng verwandt ist. Philipp Forster
(gest. 1617) und seine Söhne Jacob (nachweisbar bis 1626) und Conrad (gest. vor 1636) waren seit Ende
des 16.Jahrhunderts in Herrenberg als Steinmetzen nachweisbar; auch ihr Steinmetzzeichen ist be-
kannt143. Mit dieser Identifizierung konnte für die Herrenberger Kunstgeschichte der Spätrenaissance
eine Werkstatt wiederentdeckt werden, die im lokalen Kontext Beachtung verdient und die sich als
künstlerische Kraft gegen auswärtige Meister behaupten konnte.
Das Thema des Totengedenkens abschließend, sind zwölf gemalte Holz-Epitaphien der Spätrenais-
sance als ein Schwerpunkt des Bandes DI 47 vorzustellen. Einzelstücke bilden noch heute einen be-
sonderen Schmuck der Kirchen von Gärtringen (nr. 350) und Malmsheim (nr. 223).
Von einer Serie von neun in Herrenberg nachweisbaren Epitaphien ist nur ein einziges (nr. 203)
wegen seiner einfachen Form, einer Rechtecktafel ohne aufwendige Rahmung, komplett erhalten.
Von sechs Epitaphien sind nur Fragmente der gemalten Teile vorhanden; in drei Fällen konnte der
Zusammenhang und damit auch die Identifizierung rekonstruiert werden (nrr. 238, 246, 315). Für
vier der Tafeln konnte eine Zuschreibung an den in Tübingen ansässigen Maler Jakob Züberlin
(1556 —1607)144 * wahrscheinlich gemacht werden. Daher empfiehlt es sich, für eine Rekonstruktion
der Epitaphien vollständig erhaltene Werke dieses Meisters heranzuziehen, so Epitaphien für die
evangelischen Abte der Klosterkirche Bebenhausen'V In einer reich geschnitzten Aedikula-Rah-
mung von dreigeschossigem Aufbau und bis zu 4 m Höhe war in der Bekrönung meist das Porträt
des Verstorbenen angebracht, im Hauptfeld eine gemalte Bibelszene, von Bibeltexten begleitet, und
in der Konsolzone die Grabschrift. Wenn die kniende Familie des Verstorbenen nicht in das Haupt-
bild integriert war, hatte sie ihren Platz in der Sockelzone als einer getrennten Bildzone. In Herren-
berg sind mehrere hochrechteckige Bildtafeln, einige mit kunstvoll bemalten Rahmen, erhalten; es
fehlen bei der Mehrzahl die Bekrönung und die Konsole, demnach die zugehörigen Grabschriften
mit den Personennamen sowie die Wappen und Leichtexte. Offensichtlich wurde die Mitteltafel aus
dem größeren und vermutlich reich geschnitzten und bemalten Aedikula-Rahmen der Epitaphien
herausgeschnitten und als selbständiges Tafelbild geschätzt. Weiter war es offenbar beliebt, die
kniende Familie von der Bildtafel abzusägen. Vom Neuffer-Epitaph (nr. 315) sind daher drei Frag-
mente vorhanden, nämlich die Bildtafel mit der Bekehrung Pauli, das Porträt aus dem Giebel und die
kniende Familie auf einer separat gemalten querrechteckigen Bildtafel. Die architektonischen Teile
und sämtliche Inschrifttafeln sind verloren.
Als Zeitpunkt, an dem diese Verstümmelung kirchlicher Kunstwerke vermutlich stattfand, muß die
Zeit vor 1890 angenommen werden. Denn in diesem Jahr erwarb die Königliche Kunstsammlung
in Stuttgart (heute WLM) das Epitaph der Familie des Jacob Kurrer (nr. 238) mit der Auferstehung
Christi als Hauptbild146 147. Wie em Vergleich mit dem etwa gleichzeitig entstandenen und noch voll-
ständig erhaltenen Epitaph eines nahen Verwandten, des Melchior Kurrer (gest. 1579), mit der glei-
chen Darstellung aus der Stuttgarter Hospitalkirche14/ zeigt, ist auch für das Herrenberger Stück eine

143 Vgl. Stz. nr. 22 aut dem Türgewände in Nufringen (1613; 341).
144 Jakob Züberlin, geb. 1556 in Heidelberg, gest. 1607 in Tübingen, heiratete 1586 die Witwe des Malers Hans Schick-
hardt. Damit war die Beziehung zu Heinrich Schickhardt hergestellt, die ihm wohl die Herrenberger Aufträge ver-
schafft hat. Neben Arbeiten für den herzoglichen Hof, so auch für das Stuttgarter Lusthaus und die Freudenstadter
Stadtkirche, schuf er die Ausmalung des Tübinger Ratssaales sowie zahlreiche Epitaphien, deren systematische
Sammlung und Bearbeitung geplant ist. Biographische Notizen bei Fleischhauer, Renaissance 1971, 161 — 163.
In erster Linie kommt in Frage das Epitaph für Eberhard Bidembach, gest. 1597; eng verwandt ist das Epitaph für
146 Andreas Grammer, gest. 1612; Grabdenkmale Bebenhausen 1989, nr. 45 mit Abb. 44 —46; nr. 57 mit Abb. 54 —55.
Heute wieder in der ev. Stiftskirche Herrenberg als Leihgabe.
147 Jetzt Stuttgart, Stadtarchiv.

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