nuskel (11) sind mit wenigen, aber signifikanten Stücken vertreten. Die Kombination mehrerer
Schriftarten auf einem Denkmal ist ein Phänomen, das nicht allein durch die Lust des Steinmetzen
oder Bildschnitzers an dekorativer Variation zu erklären ist, sondern vermutlich auch mit einer Art
Hierarchie der Schriftarten zusammenhängt. Dies wird am Herrenberger Chorgestühl von 1517
deutlich. Für die Spätzeit ab 1600 sind eine Vielzahl nebeneinander vorkommender Schriften auf ei-
nem Epitaph und die Verwendung schräghegender Schriften neben aufrechtstehenden Schriften eher
ein Zeichen hoher Kunstfertigkeit. Die relativ hohe Anzahl der Fraktur erklärt sich einmal daraus,
daß die Fraktur vorzugsweise für Texte in der Volkssprache verwendet wird. Lateinische Inschriften
kommen nach der Reformation vor allem auf den Grabmälern in den Amtsstädten kaum mehr vor.
Die Fraktur stellt aber auch hohe Anforderungen an die Technik der Steinmetzen; daher setzt em ho-
hes Aufkommen der Fraktur leistungsfähige Werkstätten voraus, wie sie im Bearbeitungsgebiet
tatsächlich vorhanden waren.
6.1 Romanische und Gotische Majuskel
Von den frühesten Glockeninschriften lassen sich drei noch vor 1300 (nr. 2, 4, 5) ansetzen und ihre
Schrift eindeutig der Romanischen Majuskel zuordnen. Zwei weitere bereits fest datierte Glocken in
Dätzingen (1306; nr. 16) und Leonberg (1312; nr. 17) haben ebenfalls noch Schriften von romani-
schem Aussehen und bestätigen den auch in anderen Regionen festgestellten Befund, daß gerade
Glockeninschriften in konservativer Weise an älteren Buchstabenformen festhalten, weil die Model
oft über Generationen hinweg weitervererbt wurden. Doch sind die Übergänge zur Gotischen
Majuskel fließend. Deshalb nehmen die wohl noch im 13.Jahrhundert entstandenen Glocken in
Hausen an der Würm (nr. 12) und Münklingen (nr. 13) eine zwischen beiden Schriftarten vermit-
telnde Stellung ein, wobei C und E bei beiden Schriften noch offen sind, aber doch die gerundeten
Formen unzialer Buchstaben hier überwiegen.
Die älteste in Stein eingehauene Inschrift auf dem Tympanon von Hildrizhausen (nr. 1) besitzt noch
einen eindeutig kapitalen Buchstabenbestand der Romanischen Majuskel ohne Wechsel der Strich-
stärken. Die sehr breit proportionierten Buchstaben sind locker angeordnet. Charakteristisch sind
das spitze A mit geknicktem Mittelbalken und das M mit parallel geführten Hasten; bei beiden Buch-
staben wie auch bei N sind die Spitzen oben stumpf zusammengeführt.
Die Beischriften des Leonberger Wandgemäldes (nr. 19) sind so fragmentarisch und außerdem über-
gangen, daß keine Einzelbeobachtungen möglich sind. Erst mit der Grabplatte des Eberhard Welling
(nr. 27) ist eine voll entwickelte Gotische Majuskel mit starken Bogenschwellungen und vorwiegend
runden Formen greifbar. C und E sind geschlossen, das E außerdem durch einen eingestellten Zier-
strich bereichert. Die frühe Ansetzung vor der Jahrhundertmitte stützt sich weniger auf die Schrift-
formen als auf die konservative Form der Gestaltung und des Formulars. Die Entwicklung der Go-
tischen Majuskel auf den Glocken des 14. Jahrhunderts läßt sich nicht verfolgen, da diese nur kopial
überliefert sind. Zwei Vorkommen auf Meßkelchen (nrr. 23, 24) sind ebenfalls wenig aussagekräftig,
da es sich hier um untergeordnete Beischriften in winziger Ausführung handelt.
6.2 Gotische Minuskel
Die älteste Inschrift in Gotischer Minuskel begegnet in der Bau- und Grundsteinlegungsinschrift des
Pfarrturms zu Weil der Stadt, entstanden bald nach 1388 (nr. 38). Gegenüber den frühen Vorkom-
men am Mittelrhein102 erscheint die Minuskel hier verspätet, beim Vergleich mit den Nachbargebie-
ten liegt der Befund aber durchaus im Rahmen der bereits vorliegenden Ergebnisse und stimmt mit
demjenigen für Lkr. Calw überein103. In den Landkreisen Rems-Murr-Kreis und Göppingen setzt die
Gotische Minuskel in Stein wegen der Überlieferungslücken sogar erst 1424 und 1437 ein104. Hier in
152 In Kloster Eberbach ab 1341 und 1346; vgl. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) nrr. 56, 66. In Bad Kreuznach und
Disibodenberg ab 1360 bzw. 1365; vgl. DI 34 (Bad Kreuznach) nrr. 44, 52.
153 Bad Herrenalb 1378 und 1383; DI (Calw) nrr. 42, 43.
154 Erstes Vorkommen 1437 in Oppenweiler; DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nr. 21; ferner 1424 in Geislingen; DI 41 (Göp-
pingen) nr. 41.
XLI
Schriftarten auf einem Denkmal ist ein Phänomen, das nicht allein durch die Lust des Steinmetzen
oder Bildschnitzers an dekorativer Variation zu erklären ist, sondern vermutlich auch mit einer Art
Hierarchie der Schriftarten zusammenhängt. Dies wird am Herrenberger Chorgestühl von 1517
deutlich. Für die Spätzeit ab 1600 sind eine Vielzahl nebeneinander vorkommender Schriften auf ei-
nem Epitaph und die Verwendung schräghegender Schriften neben aufrechtstehenden Schriften eher
ein Zeichen hoher Kunstfertigkeit. Die relativ hohe Anzahl der Fraktur erklärt sich einmal daraus,
daß die Fraktur vorzugsweise für Texte in der Volkssprache verwendet wird. Lateinische Inschriften
kommen nach der Reformation vor allem auf den Grabmälern in den Amtsstädten kaum mehr vor.
Die Fraktur stellt aber auch hohe Anforderungen an die Technik der Steinmetzen; daher setzt em ho-
hes Aufkommen der Fraktur leistungsfähige Werkstätten voraus, wie sie im Bearbeitungsgebiet
tatsächlich vorhanden waren.
6.1 Romanische und Gotische Majuskel
Von den frühesten Glockeninschriften lassen sich drei noch vor 1300 (nr. 2, 4, 5) ansetzen und ihre
Schrift eindeutig der Romanischen Majuskel zuordnen. Zwei weitere bereits fest datierte Glocken in
Dätzingen (1306; nr. 16) und Leonberg (1312; nr. 17) haben ebenfalls noch Schriften von romani-
schem Aussehen und bestätigen den auch in anderen Regionen festgestellten Befund, daß gerade
Glockeninschriften in konservativer Weise an älteren Buchstabenformen festhalten, weil die Model
oft über Generationen hinweg weitervererbt wurden. Doch sind die Übergänge zur Gotischen
Majuskel fließend. Deshalb nehmen die wohl noch im 13.Jahrhundert entstandenen Glocken in
Hausen an der Würm (nr. 12) und Münklingen (nr. 13) eine zwischen beiden Schriftarten vermit-
telnde Stellung ein, wobei C und E bei beiden Schriften noch offen sind, aber doch die gerundeten
Formen unzialer Buchstaben hier überwiegen.
Die älteste in Stein eingehauene Inschrift auf dem Tympanon von Hildrizhausen (nr. 1) besitzt noch
einen eindeutig kapitalen Buchstabenbestand der Romanischen Majuskel ohne Wechsel der Strich-
stärken. Die sehr breit proportionierten Buchstaben sind locker angeordnet. Charakteristisch sind
das spitze A mit geknicktem Mittelbalken und das M mit parallel geführten Hasten; bei beiden Buch-
staben wie auch bei N sind die Spitzen oben stumpf zusammengeführt.
Die Beischriften des Leonberger Wandgemäldes (nr. 19) sind so fragmentarisch und außerdem über-
gangen, daß keine Einzelbeobachtungen möglich sind. Erst mit der Grabplatte des Eberhard Welling
(nr. 27) ist eine voll entwickelte Gotische Majuskel mit starken Bogenschwellungen und vorwiegend
runden Formen greifbar. C und E sind geschlossen, das E außerdem durch einen eingestellten Zier-
strich bereichert. Die frühe Ansetzung vor der Jahrhundertmitte stützt sich weniger auf die Schrift-
formen als auf die konservative Form der Gestaltung und des Formulars. Die Entwicklung der Go-
tischen Majuskel auf den Glocken des 14. Jahrhunderts läßt sich nicht verfolgen, da diese nur kopial
überliefert sind. Zwei Vorkommen auf Meßkelchen (nrr. 23, 24) sind ebenfalls wenig aussagekräftig,
da es sich hier um untergeordnete Beischriften in winziger Ausführung handelt.
6.2 Gotische Minuskel
Die älteste Inschrift in Gotischer Minuskel begegnet in der Bau- und Grundsteinlegungsinschrift des
Pfarrturms zu Weil der Stadt, entstanden bald nach 1388 (nr. 38). Gegenüber den frühen Vorkom-
men am Mittelrhein102 erscheint die Minuskel hier verspätet, beim Vergleich mit den Nachbargebie-
ten liegt der Befund aber durchaus im Rahmen der bereits vorliegenden Ergebnisse und stimmt mit
demjenigen für Lkr. Calw überein103. In den Landkreisen Rems-Murr-Kreis und Göppingen setzt die
Gotische Minuskel in Stein wegen der Überlieferungslücken sogar erst 1424 und 1437 ein104. Hier in
152 In Kloster Eberbach ab 1341 und 1346; vgl. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) nrr. 56, 66. In Bad Kreuznach und
Disibodenberg ab 1360 bzw. 1365; vgl. DI 34 (Bad Kreuznach) nrr. 44, 52.
153 Bad Herrenalb 1378 und 1383; DI (Calw) nrr. 42, 43.
154 Erstes Vorkommen 1437 in Oppenweiler; DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nr. 21; ferner 1424 in Geislingen; DI 41 (Göp-
pingen) nr. 41.
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