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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0066
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Die Pfalzgrafen von Tübingen waren in der Frühzeit Böblingens engstens mit dieser von ihnen zwi-
schen 1251 und 1255 gegründeten Stadt verbunden, bis diese 1344 bzw. 1357 an Württemberg ver-
kauft wurde4. Der Verstorbene ist nicht ohne Widersprüche in die Stammfolge der Pfalzgrafen von
Tübingen einzuordnen. Jedenfalls gehört er der jüngsten der vier Pfalzgrafen-Lmien an, der Linie
Böblingen-Tübingen (ab 1358 Tübingen-Lichteneck mit Sitz im Breisgau)5. Nach Schmid war
Heinrich, nachweisbar 1316-1336, einer der drei älteren Söhne des Pfalzgrafen Gottfried (L), die
zunächst gemeinsam siegelten6. In seinem Todesjahr errichtete Heinrich vor Antritt einer größeren
Reise in em fernes Land - vermutlich vor einer Pilgerreise nach Jerusalem - eine Seelgerätstiftung
für das Kloster Bebenhausen, datiert auf den 15. Juni (St. Veit) 13367.
Heinrichs eigenes Siegel ist an einer Urkunde von 1335 erhalten8 und entspricht in der Darstellung des
Wappens und der Helmzier - zwei gebandeten Hiefhörnern - genau dem Wappen auf der Grabplatte9.
- Eine inschriftlose Wappen-Grabplatte, entstanden wohl noch vor 1300, in der Grablege der Pfalz-
grafen im Kapitelsaal des Klosters Bebenhausen, stimmt in der Gestaltung mit dem Böblinger Werk
überein10. Das Wappen auf dem Böblinger Denkmal ist demgegenüber durch reich gefältelte Helm-
decken und durch eine dekorativere Ausgestaltung der Kirchenfahne als Schildbild abgewandelt.
Obgleich die Grabplatte bis zum Ende des 2.Weltkriegs erhalten war, ist sie nicht photographisch
dokumentiert worden. Die kopiale Überlieferung der Inschrift ist ebensowenig eindeutig wie die
bildliche Überlieferung. Die wichtigste Bildquelle - hier als Quelle I bezeichnet - ist eine Feder-
zeichnung, beigeheftet einem Konvolut von 22 zusammengehörigen Blättern aus der 1. Hälfte des
18.Jahrhunderts mit Ansichten von Bebenhauser Grabmälern11. Eine zweite Bildquelle ist em Kup-
ferstich in einem Sammelwerk, herausgegeben 1842 von einem gewissen J. G. L. Dorst von Schatz-
berg, hier Quelle II benannt. Quelle I ist zwar unbeholfen in der Ausführung, gibt aber den Wort-
laut der Inschrift vollständig wieder, während Quelle II nach dem Wort Tuwingen abbricht. Dafür sind
Helm, Helmzier und Wappen in Quelle II sehr genau gezeichnet, und es ist klar abzulesen, daß es
sich um eine Platte mit schräg abgefastem Rand handelte, also wohl um die Deckplatte eines Hoch-
grabes. Der rahmende Rand war nur an drei Seiten beschriftet; also war das Denkmal mit der rech-
ten Langseite ursprünglich an eine Wand gerückt. Vermutlich war dies die Evangelienseite des noch
aus dem 14. Jahrhundert stammenden Chores der ehemaligen Schloßkirche St. Dionys12.
Die Inschrift besaß zu Beginn und am Ende ein Invokationskreuz. Der Zeichner von Quelle I hat
sich bemüht, trotz aller epigraphischen Unkenntnis die Form der Majuskel-Buchstaben anzudeuten
und auch die Worttrenner in Gestalt von drei Punkten übereinander genau wiederzugeben. Danach
standen neben unzialen Formen zahlreiche Kapitalis-Buchstaben; die Jahreszahl begann mit einem
kapitalen M, ebenso der Vorname mit kapitalem H. Das C scheint noch offen gewesen zu sein,
während das E nur in COMES rund und geschlossen war, sonst aber offenbar kapitale Bildung auf-
wies. Für A sind drei Formen verwendet, für T zweimal kapitale Form, aber in OBIIT offenbar die
Form mit rundem oder sichelförmigem Bogen. Die Schäfte von I und N waren mit Kugeln besetzt.
Am Ende der dritten Zeile wird der Befund fast unverständlich, auch wenn man die Lesung des To-
destages von Crusius kennt. Vermutlich war NATIVITATIS gekürzt, darauf folgten noch mindestens
zwei Worte, wohl der hier vorgeschlagene Schluß.
Das Formular ist em frühes Beispiel in Württemberg für die Anwendung des im 13. Jahrhundert auf-
kommenden Anno-Domini-Formulars; auf den Segensspruch am Ende wird hier noch verzichtet13.
a Restlicher Text fehlt bei Dorst und Heideloff.
b Text bei Crusius: Obijt Hainricus, Comes Palat. de Tuvvingen, die nativitatis Domini. Boeblingae sepultus.
1 Sattler 1752/1948, pars II p. 16.
2 Dort 1850; vgl. OABBöbhngen 1850, 100.
3 Laut der Unterlagen im Landesdenkmalamt Stuttgart.
4 Weisert, H., Die Städte der Tübinger um den Schönbuch. In: Decker-Hauff, Pfalzgrafen v. Tübingen 1981, 39 — 56;
bes. 46 ff.
5 Schmid, Pfalzgrafen v. Tübingen 1853, Tafel 1; Decker-Hauff, Pfalzgrafen v. Tübingen 1981, Stammtafel b. S. 13;
Europäische Stammtafeln NF 12 nr. 48.
6 Biographische Daten bei Schmid, Pfalzgrafen v. Tübingen 1853, 347-358.
7 Ebd. 357 und im Anhang (Urkundenbuch) 128, Nr. 115.
8 Stuttgart, HStA.
9 Dasselbe Wappen führten sein Bruder Gottfried und dessen Söhne; vgl. Alberti 865 f. Dagegen setzt sich wenig
später als Helmschmuck der Tübinger die Inful durch, nachweisbar zuerst auf Siegeln Konrads von Tübingen gen.
Scherer von 1352 und seines Bruders Rudolf; zu dessen Grabplatte vgl. nr. 31. In der Folgezeit führt auch die von
der Scherer-Linie abstammende Linie Tübingen-Lichteneck die Inful mit zwei silbernen Knäufen als Helmzier; vgl.
Becksmann, CVMA Baden-Pfalz Teil 1, S. 40 und Abb. 46, 47. Dieser Helmschmuck wurde zuerst gebraucht von
den Grafen von Werdenberg und Montfort (vgl. die Züricher Wappenrolle von 1340) und war im 16. Jahrhundert
allgemein als Helmschmuck der Tübinger bekannt. Aus diesem Grund bemerkt Eiselin (p. 15r) die Abweichung auf
dem vorliegenden Denkmal: „Ligt zu Böblingen im Chor begraben mit einem besonderen und verenderten Wap-
pen uffm Grabstein. Die Ursach ist nicht bewußt.“ — Schmid (nach Gabelkover, 499): „Im schild der fahn, uff dem

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