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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0070
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Abb. 6 H. 136, B. 84-73, Bu. 5,5-6 cm. - Gotische Majuskel
[ . ] HELWIG • RIS[ .../...
Wappen: unkenntlich1
Die Schildform des Wappens und der epigraphische Befund sprechen für eine Ansetzung noch vor
1350. Die Buchstabenformen ähneln denen der Welling-Grabplatte in Leonberg2. So sind die rechts
abgeschlossenen Buchstaben C und E wie dort durch eine eingestellte Zierhaste bereichert. Das I trägt
in der Schaftmitte einen Zierknoten. Trotzdem möchte man diese Schrift eine Generation früher
ansetzen wegen der noch breiter proportionierten Lettern mit weiten Abständen und der dekorativ
ausgezogenen Sporen, die an Stacheln erinnern. Die Schwellungen der Rundformen sind noch wenig
ausgeprägt. Auch der kreisrunde große Worttrenner spricht für eine frühe Entstehung.
Der zerstörte Nachname ließe sich zu RISPLIN ergänzen. Tatsächlich ist eine Familie Risplin schon
im 14.Jahrhundert in Weil der Stadt ansässig gewesen3. 1401 stiftete ein Heinrich Risplin zusammen
mit seiner Frau Ella Pietz, Witwe des Konrad Rapp, eine Pfründe im Spital. Ihr erster Inhaber war
Pfaff Heinrich Risplin, vielleicht identisch mit dem kaiserlichen Notar gleichen Namens, nach-
weisbar 14234. Der wohl hier männliche Vorname Helwic, Helwig oder Heilwig kommt im 14. Jahr-
hundert gelegentlich vor5. Der eiserne Ring deutet auf das Vorhandensein einer Familiengruft; er
erleichterte das Aufheben der Platte bei einer Neubelegung6.
1 Noch erkennbar im oberen Teil des Schildes eine Pflanze (Rispe?) oder ein Federbusch, flankiert von zwei Jakobs-
muscheln, ursprünglich in Relief.
2 Vgl. nr. 27.
3 Nachweise bei OABLeonberg 1930, 1069, 1072.
4 Vgl. Schuler, P.-J., Südwestdeutsche Notarszeichen (Konstanzer Geschichts- u. Rechtsquellen XXII). Sigmaringen
1976, Signet nr. 559. — Diesen Hinweis verdanke ich meinem Kollegen Harald Drös.
5 Foerstemann, Personennamen Sp.739, 1576. Vgl. auch die Grabplatte der Nonne Hailwigis Aich in Steinheim an
der Murr (Lkr. Ludwigsburg); DI 25 (Ludwigsburg) nr. 21.
6 Zum Vergleich die Bebenhausener Beispiele des 13. und 14. Jahrhunderts; vgl. Grabdenkmale Bebenhausen 1989,
nrr. 3,11 mit Abb.

27 Leonberg, ev. Pfarrkirche (St. Johannes Bapt.) M. 14.Jh.

Grabplatte des Eberhard Welling (Wellie). In der Vorhalle an der Ostwand (s. Lageplan III); von Bühler1
1954 noch im Kircheninnern unter dem Aufgang zur Empore registriert; von ca. 1962 an außen am
Chor auf der Südseite, seit 1995 unter Dach. Rechteckplatte aus gelbem Sandstein mit Umschrift
zwischen Linien. In der linken Langzeile oben rechteckiges Stück herausgesägt; links unten Loch ein-
getieft, rechts schräglaufender Bruch, geflickt.
Abb. 8 H. 194, B. 89, Bu. 9 cm. — Gotische Majuskel
• EBERH/ARDUS • WELLIG / O(BIIT) • FER/IA • VI • ANTE • IACOBI
Eberhard Welling starb am Freitag vor Jacobi (25. Juli).
Der Verstorbene gehört der Leonberger Familie Welling an, die um 1400 nach Stuttgart abwanderte2.
Es handelt sich vermutlich um Eberhard (Eberlin) d. Ä. Welling gen. von Vöhingen3. Sein gleichna-
miger Sohn wurde 1360 Jan. 25 als Richter, Bürger und Grundbesitzer zu Leonberg erwähnt4.
Für eine Ansetzung spätestens um die Mitte des 14. Jh. sprechen mehrere Argumente: die Ausbildung
der Schrift in breit proportionierten, weit auseinanderstehenden Buchstaben, die ausgereiften Rund-
formen der Gotischen Majuskel mit starken Schwellungen, keilförmigen Hastenenden und geschlos-
senem C und E, ferner die ungewöhnliche Anordnung der Schriftleisten mit weitem Abstand vom
Plattenrand, was auf Grabplatten des 13. Jahrhunderts vorkommt. Ins Auge fällt die besondere Ge-
staltung des A, C und E durch eine eingestellte Zierhaste, an der der Balken bei A und E endet5. Als
Worttrenner sind neben runden Punkten in Zeilenmitte auch fünf kreuzförmig angeordnete Punkte
eingesetzt. Auch der Verzicht auf das Anno-Domini-Formular mit dem Todesjahr spricht eher für
eine frühe Ansetzung um die Mitte des 14.Jahrhunderts.
1 Bühler, Heimatbuch Leonberg 1954, 39, mit falscher Ansetzung „nach 1424“.
2 Wunder, G., Die Leonberger Bevölkerung im späten Mittelalter. In: ZWLG 26 (1967) 213 — 225; hier 217.
3 WürttRegesten 10511. — Die Welling waren durch die Grafen von Württemberg mit dem Weiler Vöhingen, einem ab-
gegangenen Ort bei Schwieberdingen (Lkr. Ludwigsburg), belehnt worden; Trugenberger, in: Ein seliges end 1998,17.
4 Wunder (wie Anm. 2), 217.

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