Im Jahr des Herrn 1492 unter Papst Innozenz VIII., unter dem römischen Kaiser Friedrich, Herzog von Österreich, und
unter dem römischen König Maximilian, dessen Sohn, ist am Montag nach Invokavit (12. März) der erste Stein dieser
renovierten Kirche gelegt worden.
Die freie Reichsstadt Weil bekundet ihre Reichsunmittelbarkeit durch die Nennung von Papst, Kaiser
und König. Die Jahreszahl 1492 bezieht sich auf den Umbau des spätromanischen Langhauses. Der
Neubau wurde mit der Einwölbung des Chores 1519 vollendet1.
Die Bauinschrift ist ein Meisterwerk der spätgotischen Epigraphik, ausgeführt in einer hervorragend
gestalteten gotischen Minuskel mit Versalien zu Beginn eines jeden Wortes des Textes. Die Versahen
nehmen Formen aus dem Alphabet der Gotischen Majuskel auf, die zugleich zum Formenschatz der
Frühhumanistischen Kapitalis gehören. Letzterer zuzuordnen sind das mandelförmige O und das H
mit seiner Ausbuchtung im Mittelbalken. Das E ist in allen Fällen einbogig rund; auffallend ist der
geschwungene Mittelbalken. Eine Sonderform ist das dreimal verwendete, einem kapitalen E ange-
näherte F mit einem horizontal ausgezogenen dritten Balken auf der Grundlinie. Für u erscheint
durchgehend v mit zwei schrägen Strichen über dem Buchstaben. Die wohlüberlegte Gesamtgestal-
tung mit weitem Zeilenabstand erlaubt für/, / und langes s sowie fürp lange Ober- und Unterlängen.
Als Worttrenner sind Paragraphenzeichen verwendet.
a So für Hvivs.
b So für Ecclesie.
1 Der spätromanische Bau (Osttürme erhalten) erhielt zunächst einen gotischen Westturm, dessen Grundstein vor
1388 gelegt worden war; vgl. nr. 38. Zu weiteren Baumaßnahmen vgl. nrr. 161, 243. — Zur Baugeschichte vgl.
KdmNeckarkreis 1889, 307f.; Hammer, E, in: St. Peter und Paul Weil der Stadt. Festschrift 1983, 52 — 62; Laier-
Beifuss, in: Hirsau, St. Peter und Paul 1091 — 1991. Bd.l, 419 — 421.
OABLeonberg 1852, 245. — KdmNeckarkreis 1889, 307 f. — OABLeonberg 1930, 1026. — Dannecker, U., Kirchenführer
Weil der Stadt 1971, 77. — Laier-Beifuss, K., Kirchenbauten der von Hirsau abhängigen Pfarreien um 1500. In: Hirsau,
St. Peter und Paul 1091 — 1991. Bd. 1, 405 — 430; hier 420 — 428. — Schütz, Siegfried, Zum 500. Jubiläum der Stadtkirche
St. Peter und Paul in Weil der Stadt. In: Heimatverein Weil der Stadt, Berichte und Mitteilungen 42 (1993) 3 — 5; hier 4.
105 Ehningen, ev. Pfarrkirche (U. L. Frau) 1492
Glocke mit Herstellungsjahr und Signatur des Bernhart Lachaman von Heilbronn. Schulterinschrift
zwischen Stegen; zu Beginn Tatzenkreuz, Worttrenner Paragraphenzeichen.
H. 99,5, Dm. 123 cm. - Gotische Minuskel, erhaben
+ heilfent • ir ■ lieben • heilgen • ivnckfra • affrav • vnd • her • s(anctvs) • fridalmvsa
• bernhart • lachaman • gos • mich • anno • d(omi)ni • 1492b
Größte und letzte Glocke eines schon 1492 bezeugten, damals dreiteiligen Geläutes, das erst 1917
auseinandergerissen wurde1. Neben Maria als Kirchenpatronin, die mit der verlorenen Marienglocke
angerufen wurde, ist die vorliegende Glocke den Heiligen Afra und Fridolin gewidmet, die 1437 erst-
mals als Nebenpatrone genannt sind2.
Die Glocke entspricht dem für die Lachaman-Werkstatt typischen Glockenkörper mit scharf ge-
knickten glatten Kronenbügeln. Die Inschrift ist aus klar geschnittenen, kurzen Lettern angeordnet,
die kaum Ober- oder Unterlängen aufweisen und dicht aufeinander folgen ’.
a So für fridolinvs.
b Jahreszahl in arabischen Ziffern mit schlingenförmiger Vier.
1 Vgl. nrr. 4 (Evangelistenglocke), 41 (Marienglocke).
2 Schön, Th., Zur Geschichte der Pfarreien Württembergs. I. Ehningen. In: BllWürttKirchengeschichte AF 10
(1895) 81-85.
3 Zur Tätigkeit dieser Werkstatt vgl. DGWürttHohenzollern 31 f.
OABBöblmgen 1850, 164. — Keppler 1888, 41. — Schön, Glockenguß Esslingen 1900, 102. — DGWürttHohenzollern
nr. 280.
106 Flacht (Gde. Weissach), ev. Pfarrkirche (St. Laurentius) 1492
Grabplatte, vermutlich für den Priester Rudolf Ruff (Ruoff). Innen am Chorbogen, Nordseite; ur-
sprünglich im Chor unter dem Altar im Boden. Roter Sandstein; von der Umschrift nur Kopfzeile
und Buchstabenfragmente der rechten Langseite sichtbar; am Ende der linken Randleiste Zierranke
als Zeilenfüller. Fehlstellen mit Mörtel ausgeflickt. Worttrenner: Paragraphenpunkte.
61
unter dem römischen König Maximilian, dessen Sohn, ist am Montag nach Invokavit (12. März) der erste Stein dieser
renovierten Kirche gelegt worden.
Die freie Reichsstadt Weil bekundet ihre Reichsunmittelbarkeit durch die Nennung von Papst, Kaiser
und König. Die Jahreszahl 1492 bezieht sich auf den Umbau des spätromanischen Langhauses. Der
Neubau wurde mit der Einwölbung des Chores 1519 vollendet1.
Die Bauinschrift ist ein Meisterwerk der spätgotischen Epigraphik, ausgeführt in einer hervorragend
gestalteten gotischen Minuskel mit Versalien zu Beginn eines jeden Wortes des Textes. Die Versahen
nehmen Formen aus dem Alphabet der Gotischen Majuskel auf, die zugleich zum Formenschatz der
Frühhumanistischen Kapitalis gehören. Letzterer zuzuordnen sind das mandelförmige O und das H
mit seiner Ausbuchtung im Mittelbalken. Das E ist in allen Fällen einbogig rund; auffallend ist der
geschwungene Mittelbalken. Eine Sonderform ist das dreimal verwendete, einem kapitalen E ange-
näherte F mit einem horizontal ausgezogenen dritten Balken auf der Grundlinie. Für u erscheint
durchgehend v mit zwei schrägen Strichen über dem Buchstaben. Die wohlüberlegte Gesamtgestal-
tung mit weitem Zeilenabstand erlaubt für/, / und langes s sowie fürp lange Ober- und Unterlängen.
Als Worttrenner sind Paragraphenzeichen verwendet.
a So für Hvivs.
b So für Ecclesie.
1 Der spätromanische Bau (Osttürme erhalten) erhielt zunächst einen gotischen Westturm, dessen Grundstein vor
1388 gelegt worden war; vgl. nr. 38. Zu weiteren Baumaßnahmen vgl. nrr. 161, 243. — Zur Baugeschichte vgl.
KdmNeckarkreis 1889, 307f.; Hammer, E, in: St. Peter und Paul Weil der Stadt. Festschrift 1983, 52 — 62; Laier-
Beifuss, in: Hirsau, St. Peter und Paul 1091 — 1991. Bd.l, 419 — 421.
OABLeonberg 1852, 245. — KdmNeckarkreis 1889, 307 f. — OABLeonberg 1930, 1026. — Dannecker, U., Kirchenführer
Weil der Stadt 1971, 77. — Laier-Beifuss, K., Kirchenbauten der von Hirsau abhängigen Pfarreien um 1500. In: Hirsau,
St. Peter und Paul 1091 — 1991. Bd. 1, 405 — 430; hier 420 — 428. — Schütz, Siegfried, Zum 500. Jubiläum der Stadtkirche
St. Peter und Paul in Weil der Stadt. In: Heimatverein Weil der Stadt, Berichte und Mitteilungen 42 (1993) 3 — 5; hier 4.
105 Ehningen, ev. Pfarrkirche (U. L. Frau) 1492
Glocke mit Herstellungsjahr und Signatur des Bernhart Lachaman von Heilbronn. Schulterinschrift
zwischen Stegen; zu Beginn Tatzenkreuz, Worttrenner Paragraphenzeichen.
H. 99,5, Dm. 123 cm. - Gotische Minuskel, erhaben
+ heilfent • ir ■ lieben • heilgen • ivnckfra • affrav • vnd • her • s(anctvs) • fridalmvsa
• bernhart • lachaman • gos • mich • anno • d(omi)ni • 1492b
Größte und letzte Glocke eines schon 1492 bezeugten, damals dreiteiligen Geläutes, das erst 1917
auseinandergerissen wurde1. Neben Maria als Kirchenpatronin, die mit der verlorenen Marienglocke
angerufen wurde, ist die vorliegende Glocke den Heiligen Afra und Fridolin gewidmet, die 1437 erst-
mals als Nebenpatrone genannt sind2.
Die Glocke entspricht dem für die Lachaman-Werkstatt typischen Glockenkörper mit scharf ge-
knickten glatten Kronenbügeln. Die Inschrift ist aus klar geschnittenen, kurzen Lettern angeordnet,
die kaum Ober- oder Unterlängen aufweisen und dicht aufeinander folgen ’.
a So für fridolinvs.
b Jahreszahl in arabischen Ziffern mit schlingenförmiger Vier.
1 Vgl. nrr. 4 (Evangelistenglocke), 41 (Marienglocke).
2 Schön, Th., Zur Geschichte der Pfarreien Württembergs. I. Ehningen. In: BllWürttKirchengeschichte AF 10
(1895) 81-85.
3 Zur Tätigkeit dieser Werkstatt vgl. DGWürttHohenzollern 31 f.
OABBöblmgen 1850, 164. — Keppler 1888, 41. — Schön, Glockenguß Esslingen 1900, 102. — DGWürttHohenzollern
nr. 280.
106 Flacht (Gde. Weissach), ev. Pfarrkirche (St. Laurentius) 1492
Grabplatte, vermutlich für den Priester Rudolf Ruff (Ruoff). Innen am Chorbogen, Nordseite; ur-
sprünglich im Chor unter dem Altar im Boden. Roter Sandstein; von der Umschrift nur Kopfzeile
und Buchstabenfragmente der rechten Langseite sichtbar; am Ende der linken Randleiste Zierranke
als Zeilenfüller. Fehlstellen mit Mörtel ausgeflickt. Worttrenner: Paragraphenpunkte.
61