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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0461
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 433

thumbs halben, mit aller sanftmut fürzunemen
zuberichten und dafür zuwarnen und abzumanen
und also die gradus der vermanung halten.
Da aber ein einlendisch papistische stifts-
person, so sich bei unser kirchen sonst nicht findet,
zu gevattern gebeten, sol es mit demselben, wie
auch mit den andern hievor gemelten personen,
gehalten werden, das sie nicht also bald, ohne
vorgehende, ordentliche, christliche vermanungen,
von der tauf abgetrieben und hiermit offentlich
vor den umbstendern zu schanden gemacht, son-
dern zuvor mit inen die gradus admonitionum
gehalten werden, dergestalt verhoffentlich, das
etliche durch gottes gnade mit freundlicher, christ-
licher vermanung der erinnerung gewonnen werden
mögen, die aber uber alle verwarnung sich nicht
bekeren wollen, alsdann keine entschüldigung
haben, auch sich nicht zubeklagen, wann dergleichen
process gegen ihnen vorgenommen, auch wie sonsten
ihres ergerlichen lebens halben gegen ihnen ein
gebürlich einsehen geschehen sol.
Dann unser will und meinung ist, das es alles
mit guter bescheidenheit dahin gerichtet werde,
damit niemand ubereilet, noch unordentlich wider
den ausgedruckten befehl Christi, Matthei am
18. capitel, gehandelt, und gleichwol notwendige,
ernstliche, gebürliche, christliche zucht auch in
der kirchen gehalten, darob kein vernünftig, from,
christlich herz, hohes und nieder standes, ein
missfallen tragen oder sich zubeklagen, sondern
viel mehr menniglich sich dessen zuerfreuen und
mit rat und that darzu behülflich zusein, lust
und bereiten guten willen habe.
Zum vierden, hat es auch gleiche gestalt mit
den andern verfürten, armen, irrigen leuten, so
nicht recht vom heiligen sacrament gleuben und
gleichwol nicht mutwillig sündigen noch lestern,
sondern allein noch in ihren gewissen gefangen
liegen, welche auch nicht von der heiligen taufe
abgehalten, sondern zu gleich den andern auch
mit inen die gradus admonitionum vorgenommen,
und so viel müglich, wie auch die auslendischen
und einlendischen papisten, zu unser warhaftigen
religion gebracht und darvon durch unordentliche
handlung nicht abgehalten werden sollen, weil
doch die kinder nicht auf der gefatter glauben,
der gestalt die taufe ungewiss were, sondern auf
den befehlich und auf das wort Christi getauft
werden, darumb den kindern, so getauft werden
sollen, der gevattern unglaube im herzen an der
kraft der heiligen taufe nichts benimpt, welche
allein auf dem befehl und der ordnung Christi
bestehet, und nach seiner verheissung mit sich
bringet, was im wort derselben begriffen ist.

XI. Von dem process, wie und auf was weise
der bann wider die unbusfertigen exequirt, und
die bussfertigen wieder aufgenommen und mit
der kirchen offentlich versönet werden sollen.
Und als wir von gott unser befohlen ampt,
obrigkeit und regierung durch die gnad des all-
mechtigen je gern unsers besten müglichsten fleis
dahin richten wollen, das allerlei sünd, laster,
ubelthaten und ergernis, soviel bei dem verderbten
menschlichen geschlecht hie auf erden müglich,
verhütet und vertrieben werde, und denselben für-
zukommen oder zu wehren, uns nicht allein die
weltlich, sondern auch jetztgemelte kirchenstraf
aus göttlicher verordnung und stiftung gegen den
ergerlichen sündern und misshendlern zugebrauchen
und zuverrichten befohlen ist,
demnach im fall, das alle christliche er-
innerungen und vermanungen bei etlichen personen
nichts fruchtbarlichs ausrichten, auch die weltliche
straf der ergerlichen, offentlichen lastern, von
derowegen der zorn gottes uber das menschliche
geschlecht kömpt, unserer verordneten policei und
landsordnung nach vorgenommen, nichts verfahen,
und daraus keine christliche besserung folgen wolte,
so sol gegen einer solchen person vermög des
pfarr und predigampts nach der ordnung und be-
fehl unsers einigen heilandes Jesu Christi,
Matthei 18. gehandelt, dieselbige in bann ordent-
lich erkennet, solcher auch gebürlich exequiret
und ins werk gesetzt werden. Damit aber hierinn
nichts unordentlichs, auch nichts privato iudicio,
sondern alles besserlich und erbarlich gehandelt,
sol darin folgende ordnung gehalten werden.
Nemlich, so eine person, man oder weib mit
einem offentlichen laster dermassen verhaft, das
es unverneinlich, notorium oder beweislich, und
von unsern amptleuten, erb oder gerichtsherren,
vermöge unser policei und landesordnung gestraft,
und doch uber dasselb keine besserung erscheinet,
so sol sie anfangs von ihrem pfarrer insonderheit
und mit allem fleis dahin ermanet werden, das
sie von ihrem ergerlichen leben abstehe und einen
christlichen wandel füre. Da nun hierüber keine
besserung folget, sol der pfarrer solches seinem
superattendenten berichten, welche beide alsdann
neben und mit zweien politischen personen des-
selben orts die ergerliche person beschicken und
ihr abermals samptlich mit ernst ihre untugent
untersagen und zur besserung vermanen, da das
auch nicht helfen wolt, die bemelten superatten-
dens, pfarrer und zween verordnete solches alles
dem general superintendenten desselben gezirks
förderlich schriftlich fürbringen, derselb folgends
die handlung ferner an unsere consistorialn ge-
langen lassen, damit die schuldige person vor die-
selbigen erfordert, und für das letzt zur besserung
auf das ernstlichst ermanet werden mag.
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Sehling, Kirchenordnungen.
 
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