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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0733
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162. Wittenberg. Kirchen-Ordnung für die Stadt Wittenberg. 1533.

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alle draus, diser kelch ist das neu testament in
meinem bluet, das fur euch vergossen wird zur
vergebung der sunden. Solchs thuet, so oft irs
trinket, zu meinem gedechtnus.
Da hebt der priester den kelch auf nach unser
gewonheit.
Weil das volk communicirt, singt man
sanctus; agnus dei; Jesus Christus
unser heiland; got sei gelobt; das deutsch
confitebor tibi; pange lingua lateinisch
und dergleichen, auch deutsche gesenge vom
feste etc. bis die communion aus ist.
Wenn die communion aus ist, so singet man
das nachvolgende agnus dei, wenn man schon
auch zuvor zu zeiten unter der communion das
lateinisch agnus dei gesungen hat.
Christe, du lamb gottes, der du tregst die
sund der welt, erbarm dich unser. Zum dritten
mal also: gib uns deinen friden, amen.
Volget bald die collecta wir danken dir etc.
Darnach keret sich der priester zum volk und
gibt den segen numeri 6 beschrieben, darzu ant-
wortet die gemein: amen.
Finis misse.
Zur vesper zeit soll man vor der predigt
singen, wie am sonabent, aber nach dem hymno
soll man im chor anheben das teutsch te deum
laudamus, wie es doctor Martinus ver-
deutscht hat, und ein schulgesell soll in dem
schulerstul mitten in der kirchen mit dem volk
auf alle halbe vers, wie es gemacht ist, antworten.
Er mag auch zum ersten etliche knaben in den
stul zu hulf nehmen, bis das volk sich gewent,
solch te deum mitzusingen. Wenn dasselb schir
aus ist, so geht ordinate in der stille und ehrlich
ein schulgesell aus dem chor mit etlichen kindern,
die nicht in der schulen stul fur der menge gehen
konnen aus der kirchenthur, do sie hinein zu-
gehen pflegen, und kombt mit inen vom kirchhof
wider in die thurmthüre, und steigt fein stille und
ehrlich auf die borkirchen gegen mitternacht, die
predigt zu hören und darnach mit zu singen. Da
soll der gesell zusehen, dass die kinder stil stehen
und nicht buberei treiben. Die andern knaben
aber sollen mit dem letzten vers des te deum
in der schuler stul gehen, die predigt in der stille
zuhoren. Darauf soll der magister mit seinen ge-
sellen sehen . Nach der predigt singt die ganze
gemeine das deutsch magnificat sub tono pere-
grino mit dieser antiphon: Christum, unsern
heiland, ewigen gottes Mariä son,
preisen wir in ewickeit, amen.
Bald darauf das deutsche nunc dimittis,
also wie volget:
Sehling, Kirchenordnungen.

Herre nu lestu deinen diener im fride faren,
wie du gesagt hast. Denn meine augen haben
deinen heiland gesehen, den du bereitet hast fur
allen volkern. Ein licht zu erleuchten die heiden
und zum preis deines Volks Israel. Ehre sei dem
vater und dem son und dem heiligen geist, wie
es war an anfang und bleibt nue und immer in
ewickeit. Amen.
Des werktags wirt im chor also gesungen.
Des morgens auf montag, dinstag, donnerstag und
freitag singt man zwen oder drei psalmen mit
einer antiphon. Darnach lesen die knaben vier
lectiones lateinisch und deutsch, wie hievor berurt,
aus dem neuen testament. Darauf volget das
benedictus mit einer antiphon. Darnach sagt man
kyrie eleison, Christe eleison, kyrie
eleison, pater noster mit einem versikel,
collecten, benedicamus domino. Volget bald
die predigt oder priester lectio. Die knaben aber
gehen nach dem benedicamus widerumb in
die schule.
Zur vesper singt man zwei oder drei psalmen
mit einer antiphon, volget der hymnus, vier lec-
tiones, wie obenermeldet, aus dem alten testament,
magnificat mit einer antiphona, kyrie eleison
uts. Post benedicamus canant pueri nunc
dimittis in figurativis aut contrapuncto. Und
wenn die kinder vor mittentag in der kirchen zur
hochzeit [= hohe zeit = messe] gesungen haben, so
sollen sie des tags kein vesper singen, das sie
nicht zuvil in irem studio verhindert werden.
Des mittwochs uf den morgen soll man singen
psalm, lectiones, antiphon, wie gesagt, aber nach
der lection hebt man ein deutsch lied an und
die knaben gehen zuchtig mit dem ersten vers in
der schuler stul zur predigt.
In der sonabent vesper nach der predigt singt
man, wie gesagt, die lateinisch litania. Am son-
abent des morgens ist nichts in der kirchen zu-
thun, sondern des abents zu vesper, wie angezeigt.
Dises alles soll der massen verstanden werden,
dass solch communion, gesenge, lection und pre-
digten durch den pfarrer nach gelegenheit der
zeit stehet und personen mogen gemindert und
verkurzt werden. Dann es sollen die ceremonien
nicht notige gesetze sein, sondern in des pfarrers
gewalt stehen, darin zuhandeln, wie es zum besten
dienen wird.
Junkfrauen schule.
Aus anhaltung doctoris Martini und des
pfarrers mit zuthun eines raths ist albereit ein
junkfrau-schul erbauet und nue also bestalt, dass
alwege ein schulmeister fur die junkfrauen sein
und gehalten werden soll, der die kindlein, wie
hernach volget, unterweise, lesen und schreiben
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