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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0057
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Einleitung

Wilhelm Zepper zum Protokollanten. Olevian stellte eine vier Punkte umfassende Tagesordnung vor, die
sich mit Ablauf der Synoden, Aufbau und Leitung der Landeskirchen, Fragen des Predigtamts sowie spe-
ziellen Belangen des Nassauer Pfarrers beschäftigte. Von diesen Themen dokumentiert der Synodalabschied
jedoch nur die Beschlüsse zu den ersten beiden.
Hinsichtlich Aufbau und Leitung des Kirchenwesens beriet man die Middelburger Kirchenordnung, die
in Nassau-Dillenburgja bereits seit 1582 in Geltung war (siehe Nr. 17) und die nun auch von den Abge-
sandten der übrigen Territorien angenommen wurde. Der Text dieser 1586 erstellten Ordnung entsprach
zwar im wesentlichen demjenigen von 1582, er wurde jedoch gekürzt: So verzichtete man im ersten Teil auf
die Details in Punkt vier und im dritten Teil auf die Punkte 50 bis 56. Die übrigen Artikel aus der Fassung
von 1582 wurden nahezu wörtlich wiederholt.166
Mit dieser Übernahme der leicht modifizierten Middelburger Kirchenordnung gaben sich die Kirchen
der Grafschaften Nassau-Dillenburg, Sayn-Wittgenstein, Solms und Wied eine einheitliche Kirchenverfas-
sung und begründeten eine überterritoriale reformierte Konfessionslandschaft.167
24. Almosenordnung 21. April 1589 (Text S. 182)
Bereits Graf Wilhelm I. (1487-1559) hatte Regelungen für das Armen- und Almosenwesen seines Landes
getroffen und vermutlich Mitte der 1530er Jahre eine Ordnung hierfür erlassen. Dieses Regelwerk ist nicht
überliefert,168 seine Existenz geht jedoch zum einen aus den 1534 angelegten Armenkastenrechnungen, zum
anderen aus einem 1589 abgefassten Kommentar Graf Johanns VI. hervor.169
Regelungen für das Almosenwesen und den gemeinen Kasten lassen sich in Nassau-Dillenburg vor allem
in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisen, so in der Visitationsordnung von 1553 (Nr. 6)
ebenso wie in der Kirchenordnung von 1570 (Nr. 13) und der Kirchenordnung vom Januar 1582 (Nr. 17).
Eine detaillierte Zusammenfassung sämtlicher Regelungen für das Almosenwesen erfolgte jedoch erst 1589.
Am 24. Januar dieses Jahres hatte Johann VI. den Entwurf einer Ordnung mit der Bitte um Gutachten an
die Klassenkonvente gesandt.170 Zu dem von Dr. Andreas Rauting verfassten Bedenken171 hatte Johann VI.
einen Kommentar entworfen, dessen Inhalt schließlich in die Almosenordnung vom 21. April einfloss.172 Zur
Verwaltung der Armenfürsorge wurden die Ältesten sowie Rats- und Gerichtspersonen bestellt. Die Ord-
nung beschrieb, aus welchen Einkünften sich der Almosenkasten speiste und welche Personenkreise aus
dessen Mitteln unterstützt werden sollten.173
Für die Erarbeitung der Almosenordnung griff Johann VI. nicht nur auf die Ordnung seines Vaters
Wilhelm I. zurück, sondern zog auch Regelwerke anderer Territorien heran, im Einzelnen die hessische

166 Vgl. Münch, Zucht und Ordnung, S. 93f. und Anm. 475;
ders., Nassau, S. 246; ders., Contribution, S. 86; Neu-
ser, Einführung, S. 50; VAN’T Spijker, De overname,
S.144-157.
167 Vgl. Neuser, Einführung, S. 55f.
168 Vgl. Aspelmeier, Almosenordnung der Grafschaft,
S. 328; Weber, Almosenordnung, S. 28.
169 Hierin heißt es: Wiewoll hiebevor durch weilandt den wol-
gepornen grafen und herren, hern Wilhelmen, grafen zu
Nassawe Catzenelnbogen, ... ein almussen ordnung
gemacht, so haben doch ire gnaden zu oftermalen ihre
gaistlichen und andere dhiener vermanet, das sie weitter
nachdenckens haben wollen, das dieselb möge verbessert wer-
den, HHStaatsA Wiesbaden Abt. 171, A 64, fol. 12r-17v,
hier fol. 13r. Vgl. Weber, Almosenordnung, S. 29f.;
Bingener, Armenunterstützung, S. 10.
170 HHStaatsA Wiesbaden Abt. 171, A 64, fol. 35. Am

6. Februar mahnte er Einsendung der Stellungnahmen
an, ebd., fol. 37r, vgl. Weber, Ahnosenordnung,
S. 30-32; Münch, Zucht und Ordnung, S. 96 Anm. 481
171 HHStaatsA Wiesbaden Abt. 171, A 64, fol. 92r-128r.
Dieses Bedenken hielt Weber, Almosenordnung, S. 29f.
und ihm folgend Bingener, Armenunterstützung, S. 10
für eine Schrift Graf Johanns VI. Vgl. Schmidt, Gott
wohlgefällig, S. 70f. Zu einem weiteren Gutachten aus
Siegen siehe Weber, Almosenordnung, S. 32f.
172 Bei diesem Kommentar handelt es sich um den Text
oben, Anm. 169. Vgl. Schmidt, Glaube, S. 345-349.
173 Zum Inhalt siehe Weber, Almosenordnung, S. 33-35;
Aspelmeier, Almosenordnung der Grafschaft,
S. 329-331; Bingener, Armenunterstützung, S. 10;
Schmidt, Gott wohlgefällig, S. 71; Münch, Kirchen-
zucht, S. 235.

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