Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0523
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
13. Presbyteriumsordnung [1609]

spectorn, pfarrherrn, kirchendienern und eltesten
sampt und sonders, und wollen, daß ihr dieser unser
ordnung alles ihres inhalts gehorsamblich fur euch
selbst gelebet und nachkommet, damit der baw der
christlichen kirchen in gottseeligkeit und zucht, zue
vorderst auch Gottes ehre dadurch mercklich befür-
dert werden möge, wie wir uns deßen zue euch und
einen jedwedern insonderheit genzlich verlaßen.
Diese ordnung nun beruhet kürzlich uf nachfolgen-
den puncten:
Erstlich, was der eltisten rhat seie, wie derselbe
in Gottes wort gegründet und auch notwendig seie.
Zum andern, wie die eltesten angeordnet und

welche, wie viele, waher, von weme und wie sie er-
wehlet, proclamirt und confirmirt werden.
Zum dritten, was derselben ampt seie und wie
daßelbe in der ufsicht uf kirchen- und schuldiener,
die ganze gemeinde und haußarmen bestehe und wie
solches von dem ampt der weltlichen obrigkeit un-
derschieden seie. I305r |
Zum vierten, wan, wo und wie oft die eltesten
zuesammen [kommen] und mit was ordnung in sol-
cher zuesammenkunft verfaren wirt.
Zum funften, wie sich die eltesten untereinander
censurirn sollen.
Zum sechsten, wie diese eingefürte ordnung ins-
künftig zue erhalten und handzuehaben.

Caput I: Von der eltisten rhat in sich

Articulus 1: Was der rhat der eltesten seie
Anfenglich ist zue wißen, daß durch das presbyte-
rium oder eltesten rhat dieses und anders nichts ver-
standen werde, dan daß neben den kirchendienern
jedes orts etliche gewiße personen zue eltisten und
ufsehern der christlichen gemein jerlich erwehlet
werden, welche an statt der gemeinde zue gewißen
zeiten, nachdeme es die notturft erfordert, zue-
I305v | sammen kommen, und was sich in lehr und
leben fur ergernus in der gemeinde zuetragen, sie
dieselbe durch freundliche unterredung, christliche
vermanungen und warnungen aus Gottes wort nach
der ordnung des herrn Christi7, so oft es erbawlich
und fur rhatsam erachtet wirt, verbeßern und ab-
schaffen, auch, da einer in ofenen sünden und erger-
nus mutwillig verharren wolte, denselben von den
heiligen sacramenten in der still mit christlicher be-
scheidenheit, biß er beßerung verheiset und erzeiget,
abmahnen.
Art. 2: Daß dieße ordnung nicht newe,
sondern in Gottes wort gegrundet seie
Daß nun diese ordnung nicht newe, sondern in Got-
tes wort gegründet seie, daß erscheinet erstlich aus

underschiedlichen örtern des alten testaments, in
welchen alle diejenige, so mit ofentlichen sünden be-
sudelt und befleckt, so lang von dem gottesdinst ab-
gewiesen worden, biß sie sich gereiniget, Num. 19
v. 11, 13, 20. Und hat man deßen sonderlich ein ex-
empel im andern buch I306r | der Chronic am 19.
capit. und 8.[-10.] vers, daselbsten der könig Josa-
phat einen solchen rhat aus den Leviten, pristern
und den obristen unter Ißrael zue Jerusalem anrich-
tet und ihne befilet, sie sollen in der forcht des her-
ren trewlich und mit rechtem herzen thun oder han-
deln in allen sachen, die zue ihnen kommen von ih-
ren brüdern, die in ihren stätten wohnen. Zwischen
gesatz und gebott, zwischen sitten und rechten sol-
len sie dieselbige underrichten, daß sie sich nicht
verschüldigen an dem herrn und ein zorn uber sie
und ihre brüder komme. Und wen sie also thun, so
werden sie sich nicht verschüldigen, und solcher
rhat wirt daselbst genennet das gericht des herren.
Zum andern wirt ein solche ordnung auch in vielen
örtern des newen testaments ganz deutlich und clar
bestettiget, als erstlich Matthaei 18, vers. 15[—17],
spricht der herr Christus: Sündiget dein bruder an
dier, so gehe hin und strafe ihn zwischen dier und
ihme alleine. Höret er dich, so hastu deinen bruder

7 Mt 18,15-17.

505
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften