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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0535
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14. Konventsordnung [1609]

oder gerichtschreiber underschiedlich, fein langsam
und deutlich lasen vorlesen und dabey fleißig I268r |
erinnern, daß keiner unter ihnen in solchem zeugnus
seine eigene affecten oder begirde wolle innehmen
oder ubertragen laßen, damit er nichts aus haß und
feindseeligkeit ichtwas vorbringe oder aus gunst und
verhoffetem danck wider gewißen verschweige, son-
dern alleine Gottes ehre, den baw der kirchen und
die warheit fur augen haben.
Weiter sollen sie vermanet sein, daß die ganze
gemein, man und weib sampt ihren kindern zur pre-
digt, wan man uf bestimbten tag leuten werde, sich
fleißig einstellen und nach gehaltener predigt uf das-
jenige, wovon sie befragt möchten werden, richtige
und unerschrockene antwort geben und also biß sie
zue haus gelaßen, alle mit einander verharren wol-
ten.
Art. 2: Von vorbereytung der kirchen- und
schueldiener des orts, da der convent zuehalten
Zum andern sollen zuegleich auch sich gefast ma-
chen kirchen- und schueldiener deßelben orts selbst,
derwegen dan der pfarrherr nach jetztermelter sei-
ner predigt und vermahnung dem schul- |268v|
meister uferlegen und befehlen soll, seine bestal-
lungspuncten, darauf er uns pflicht gethan, von ne-
wem wider fleißig zuelesen und ihme inzuebilden,
sich auch zue bedencken, ob er derselben allerding
nachkommen seie, und eben daßelbig soll er, pfarr-
herr, selbst mit seinen bestallungspuncten auch
thun, wie im gleichen seine collegae, wo er deren
hat, und also zueforderst seine eigene, darnach sei-
ner collegen und des schulmeisters bestallungspunc-
ten wol ruminirn und erwegen.
Dieweill auch ein jeder pfarrherr (vermöge dies-
fals ufgerichter ordnung12) schüldig ist, beides, in
der catechesation der jugent und unterweisung der
alten, mit allem fleiß zue notirn und ufzueschreiben,
wie weit ein jeder unter seinen zuehörern kommen,
so soll pastor loci, bey welchem der convent zuehal-
12 Ordnung der Katechisation 1609, siehe oben, Nr. 12f.
13 Vgl. die Einteilung in der Ordnung der Katechisation
1609, oben, Nr. 12f, S. 492.
14 Beschließen.
15 Wilhelm Bucanus, siehe oben, S. 474 Anm. 43. Ebenso

ten, aus seinem catalogo seiner zuehörer, den er hie
uber helt, einen typum uf die weiß und form, wie
derselbe sonsten verordnet worden ist, verfaßen,
fein reinlich umbschreiben und ufrichtig, ohne
schew, hinzuesetzen, was es fur einen zuestand zur
selbigen zeit mit einem jeden jungen und alten, man
und weibs personen hat, dabei zuegleich auch, so
viel die alten betriefft, erinnern, welche under den-
selben zum nachtmal gehen oder nicht. Und I269r |
solchen typum soll er noch vor dem convent dem
inspectori zue rechter zeit zueschicken, der ihn dan
mit allem fleiß durchsehen und erwegen soll, auch
mit dem ihme vor dem negst zuevor gehaltenem
convent deßelben orts uberschieckten und von ihme
censurirten typo13 conferirn, damit er vernehmen
möge, ob auch die zuehörer, sonderlich, soviel den
verstand der christlichen lehr anlangen thuet, nach
gelegenheit eines jeden alters zuegenommen haben
oder nicht, sonderlich die jenigen, so zur communion
sich finden und lesens kündig sein. Wie ers nun be-
funden, soll er obendruf verzeichnen und beede ty-
pos mit uf den convent bringen.
Hiebey auch uns fur rhatsam und nötig erachtet
wirt, daß die samptliche conventuales durch den in-
spectorem bei zeiten erinnert werden, ihre grava-
mina zue consignirn, in deren presbyteriis zue schlie-
ßen14 und was darin nicht abgehandelt werden kön-
nen, zeitlich zue uberschicken.
Art. 3: Von vorbereitung der ubrigen conventualen
Zum dritten und letzlich soll sich auch ein jedweder
unter den ubrigen conventualen der ge-I269v | stalt
gefast machen daß, ehe er sich uf den conventum
begibt, den text, welcher dem pastori loci in der con-
vents predigt zue erclehren geben worden, bey sich
selbst fleißig meditiren und solchen nach dem me-
thodo Bucani15, wie er ihn ordentlich zue verhandeln
vermeinte, ihme disponirn, darnach, daß er die da-
runter gesetzte leges generales der censur16 wie auch
die bestallungspuncten der kirchen- und schuldie-
wie in der Kurpfalz war auch in Hanau-Münzenberg der
„Ecclesiastes“ des Genfer Theologen Wilhelm Bucanus
von 1604 die Maßgabe für die Predigtzensur, vgl.
Sehling, EKO XIV, S. 88.
16 Siehe unten, S. 524.

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