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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0671
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17. Kirchenordnung 1598

euch, die ihr sonst des ewigen todts hettet mußen
sterben, meinen leib an stamme des creutzes in den
todt gebe und mein blut vergisse64 und ewer hun-
gerige und durstige seelen mit demselben meinem
gecreuzigten leib und vergossenem blutt zum ewigen
leben speise und trencke, so gewiß, als einem jeden
dieses brot fur seinen augen gebrochen und dießer
kelch ihm gegeben wirdt und ihr dieselbigen zu mei-
ner gedechtniß mit ewrem mundt esset undt trin-
cket.
Auß dießer einsatzung des heyligen abentmals
unsers herrn Jesu Christ sehen wir, daß er unsern
glauben undt vertrawen auff sein volkommen op-
ffer, einmal am creutz geschehen, als auff den eini-
gen grundt und fundament unserer seeligkeit weiset,
da er unsern hungerigen und durstigen seelen zur
wahren speiß und tranck des ewigen lebens worden
ist. Dan durch seinen todt hat er die ursach unsers
ewigen hungers | und kummers, nemblich die sundt,
hinweg genommen und uns den lebendigmachenden
geist65 erworben, auff daß wir durch denselbigen
geist, der in Christo als dem heupt und in uns als
seinen gliedern66 wohnet, wahre gemeinschafft mit
ihm hetten und aller seiner gutter, ewigen lebens,
gerechtigkeit und herligkeit theilhafftig wurden.
Darnach, daß wir auch durch denselben geist un-
dereinander als glieder eines leibs in wahrer bruder-
licher lieb verbunden wurden, wie der h. apostel
spricht67: Ein brot ist es, so seindt wir viel ein leib,
dieweil wir alle eines brots teilhafftig seindt. Dan
wie auß vielen körnlein ein mehl gemahlen und ein
brot gebacken wirdt und auß vielen beerlein zusa-
mengekeltert ein wein und tranck fleust und sich
ineinander menget68, also sollen wir alle, so durch
wahren glauben Christo eingeleibt sein, durch bru-
derliche lieb umb Christi, unsers lieben heylandts
willen, der uns zuvor so hoch geliebet hatt, alsa-
men69 ein leib sein und solches nicht allein mit wor-
ten, sonder mit der thatt gegeneinander be-I weisen,
das helffe uns der almechtige, barmhertzige Gott

64 Vgl. 1Kor 11,23-26.
65 Vgl. Joh 6,63; Röm 8,2; 2Kor 3,6.
66 Vgl. 1Kor 12,12-31; Eph 1,22-23; 4,15-16; Kol 1,18.
67 1Kor 10,17.
68 Didache 9,4; vgl. Wengst, Didache, S. 81.

und vatter unsers herrn Jesu Christi durch seinen
h. geist, amen.
Last uns beten:
Barmhertziger Gott und vatter, wir bitten dich,
daß du in diesem abentmal, in welchem wir begeh-
ren die herliche gedechtniß des bittern todts deines
lieben sohns Jesu Christi durch deinen h. geist in
unsern hertzen wollest wircken, daß wir uns mit
wahrem vertrawen deinem sohn Jesu Christo je len-
ger, je mehr ergeben, auff daß unsere muheselige
und zerschlagene hertzen mit seinem wahren leib
undt blut, ja mit im, wahren Gott undt menschen,
dem ewigen himmelbrot durch die krafft des heili-
gen geistes gespeiset und erquicket werden, auff daß
wir nicht mehr in unsern sunden, sonder er in unß
und wir in ihm leben und warhafftig des newen und
ewigen testaments und bundts der gnaden also teil-
hafftig sein, daß wir nicht zweiffeln, daß du ewiglich
unser gnediger vatter | sein wöllest, uns unser sunden
nimmermehr zurechnen und uns in allem an leib und
seel versorgen wie deine liebe kinder und erben. Ver-
leihe uns auch deine gnadt, daß wir getrost unser
creutz auff uns nehmen, uns selbst verleugnen, un-
sern heylandt bekennen und in aller trubsal mit
auffgerichtem haupt unsers herrn Jesu Christi auß
dem himmel erwarten, da er unsere sterbliche leich-
nam seinem verklärten herlichen leib gleichförmig
machen70 und uns zu ihm nemmen wirdt in ewigkeit,
amen.
Unser vatter etc.71
Wollest uns auch durch dieß heilig abentmal ster-
cken in dem algemeinen, ungezweiffelten christli-
chen glauben, von welchem wir bekantniß thun, mit
mund und hertzen sprechende: Ich glaub in Gott
vatter etc.72
Auff daß wir nun mit dem wahren himmelbrot
Christo gespeiset werden, so last uns mit unsern
hertzen nicht an dem euserlichen brodt und wein

69 Alle zusammen.
70 Phil 3,21.
71 Mt 6,9-13.
72 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.

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