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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0683
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17. Kirchenordnung 1598

Ich armer sunder bekenne fur dir, meinem Gott und
schöpfer, daß ich leider schwerlich und manigfeldig
wieder dich gesundiget hab, nicht allein mit euser-
lichen, groben sunden, sonder vielmehr mit innerli-
cher, angeborner blindtheit, unglauben, zweiffelung,
kleinmuttigkeit, ungedult, hoffart, bösem geitz,
heimlichen neidt, haß | und mißvergunst, auch ander
bösen tücken, wie du, mein herr Gott, an mir erken-
nest, und ich leider nicht gnugsam erkennen kann;
die rewen mich und seint mir leidt, und beger von
hertzen gnadt durch deinen lieben sohn Jesum Chri-
stum.
Darauf soll er den glaubigen die vergebung der sün-
den und den unbußfertigen daß urheil Gottes ver-
kündigen und also sprechen:
Nun höret an den gewißen trost der gnaden Got-
tes, welche er allen glaubigen in seinem evangelio
verheißet: Also spricht der herr Christus, Joh. 3 [16]:
Also hat Gott die welt geliebet, daß er seinen einge-
bornen sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben,
nicht verlohren werden, sondern daß ewige leben
haben. So viel nun ewer sein, die an ihnen148 selbst
und an ihren sunden nicht mißfallen haben und ver-
trawen, daß sie ihnen durch den verdienst Jesu
Christi allein gantz und gar vergeben seindt, und
den fursatz haben, je lenger, je mehr von sunden
abzustehen und dem herrn in wahrer heiligkeit und |
gerechtigkeit zu dienen, denselbigen (dieweil sie
glauben in den sohn deß lebendigen Gottes) verkun-
dige ich auß dem befehl Gottes, daß sie von allen
ihren sunden (wie er in seinem heiligen evangelio
verheist149) in dem himmel entbunden seindt durch
die volkommene gnugthun deß allerheiligsten lei-
dens und sterbens unsers herrn Jesu Christi, amen.
So viel aber under euch seindt, die noch einen gefal-
len haben an ihren sunden und schadenn, so in sun-
den wieder ihr gewißen beharren, denselbigen ver-
kundige ich auß befelch Gottes150, daß der zorn und

148 Sich.
149 Mt 16,19; 18,18; Joh 20,23.
150 Siehe vorige Anm.
151 Gen 3,15.

daß urtheil Gottes uber ihnen bleibt und daß alle
ihre sunden im himmel behalten seindt und sie von
der ewigen verdamniß nicht entbunden mögen wer-
den, biß sie sich bekehren.
Nachdem wir nun nicht zweiffeln, wir und unser
gebet sein durch daß leiden Jesu Christi geheiliget
und Gott angenem, so last unß ihn von hertzen an-
ruffen und also sprechen: |
Almechtiger Gott, schopffer himmelß und der
erden, wir dancken dir auß grundt unsers hertzens,
daß du unß erschaffen, biß auf diesen tag unß und
unsere kinder erhalten, gespeiset und ernehret hast
und noch hinfort erhalten und regieren wilst. Inson-
derheit aber dancken wir dir, daß du deinen sohn
Jesum Christum, den du im paradeiß verheißen
hast151, unß hast zu erkennen geben und unsere sun-
den durch sein bitter leiden und sterben unß verzie-
hen, und bitten dich, daß du unß zum ebenbildt dei-
nes sohns Jesu Christi durch die predig deines worts
und crafft deines heiligen geistes ernewern wollest,
auf daß wir mit leib und seel ewig mit dir leben und
dich preisen, darzu wir anfengklich erschaffen
seindt, und wollest dem satan wehren, daß er unß
dein h. wort nicht auß unsern hertzen reiße, wie er
unsern ersten eltern, Adam und Evam, gethann
hat152. Dieweil du unß auch in diesem leben durch
die handt unserer oberkeit, deiner diener, wolst re-
gieren, so bitten wir dich, | der du ihre hertzen in
deiner handt hast, wollest ihnen allen, der kayserli-
chen und königlichen majestet, allen fursten und
herren, insonderheit unserm gnedigen landtsherrn,
ihrer g. jungen herrschafft und frewlin, den herrn
rhäten und amptleutten, auch einer erbaren ge-
meindt dieses orts, genadt und einigkeit verleihen,
daß sie ihre gantze regierung dahien richten, daß
unser herr Jesus Christus, dem du allen gewalt im
himmel und auf erden gegeben hat153, uber sie und
ihre underthanen herrsche, auf daß das arme volck,
die da seindt creaturen deiner hände und schaffe
deiner waidte154, fur die auch der herr Jesus sein

152 Gen 3.
153 Vgl. Mt 28,18.
154 Vgl. Ps 79,13; 95,7; 100,3; Ez 34,31.

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